Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehaltslieferung i.S.d. § 3 Abs. 5 UStG bei Lieferung von Biomasse an einen Biogasanlagenbetreiber und Rückgabe der Gärreste
Leitsatz (amtlich)
Liefert ein Landwirt Biomasse an einen Biogasanlagenbetreiber und ist die Rückgabe der nach der Biogaserzeugung anfallenden Gärreste an den Landwirt von vorneherein vereinbart, so stellt die Lieferung eine Gehaltslieferung i.S.d. § 3 Abs. 5 UStG dar.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist, ob die Lieferung von Biomasse an einen Biogasanlagenbetreiber eine Gehaltslieferung i.S.d. § 3 Abs. 5 UStG ist.
Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage. Die Klägerin ging durch Gründung zum 1. September 2008 aus dem bestehenden Einzelunternehmen des Kommanditisten K. H. hervor. Die Biomasse zur Biogaserzeugung erwirbt die Klägerin von der K. und M. H. GbR Agrarhandel und Dienstleistung, welche die Biomasse wiederum zuvor von der K. H. Landwirtschaft erwirbt. Die bei der Produktion des Biogases anfallenden Gärreste werden an die K. H. Landwirtschaft zurückgegeben. Die Lieferung der Biomasse bzw. die Rücklieferung des Gärrestes beruhen auf der "Vereinbarung über die Lieferung von Energie in Biomasse zwischen der K. H. Landwirtschaft einerseits, der K. und M. H. GbR Agrarhandel und Dienstleistung sowie der H. Bioenergie GmbH & Co. KG" (die Klägerin) vom 28. August 2008. Nach dieser Vereinbarung sind "die Vertragsparteien … sich einig, dass die Lieferung seitens der Landwirtschaft nur eine Gehaltslieferung darstellt. Das heißt konkret, dass die Biomassesubstanz im Eigentum der Landwirtschaft verbleibt und die Lieferung ausschließlich in Form von Kohlenwasserstoffverbindungen zwecks energetischer Nutzung durch die H. Biogas GmbH & Co. KG betrifft. Die Biomassesubstanz kommt nach energetischer Verwertung zur Landwirtschaft zurück" (Blatt 81 der Außenprüfungsakte).
Im Frühjahr 2011 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt (Bericht vom 31. Mai 2011, Blatt 9ff der Bp-Berichtsakte). Dabei war die Prüferin der Auffassung, dass die Klägerin die bei der Biogaserzeugung entstehenden Gärreste dem Kommanditisten unentgeltlich überlasse, so dass diese zu versteuern seien. Denn eine Gehaltslieferung nach § 3 Abs. 5 UStG müsse sich auf einen Gegenstand beziehen, der einen lieferfähigen Gehalt habe. Unter Gehalt eines Gegenstandes i.S.d. § 3 Abs. 5 UStG sei nur ein in ihm enthaltener körperlicher Teil zu verstehen. Energien -Wärme, Kälte, Elektrizität-, die mithilfe des übergebenen Materials erzeugt würden, seien nicht "Gehalt" dieses Materials. Somit sei keine Gehaltslieferung anzunehmen. Auch ein Tausch bzw. tauschähnlicher Umsatz liege nicht vor. Die Landwirtschaft erbringe mit der Ausbringung der Gärreste auf den bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen auch keine Entsorgungsleistung, da es sich bei den Gärresten nicht um Abfall handele. Vielmehr handele es sich bei der Weitergabe der Gärreste um eine unentgeltliche Wertabgabe. Da im vorliegenden Fall kein Einkaufspreis für die Wertabgabe ermittelt werden könne, seien als Bemessungsgrundlage die Selbstkosten anzusetzen, welche die Prüferin aus Vereinfachungsgründen im Schätzungswege ermittelt habe (vgl. a. Schreiben der Betriebsprüferin vom 15. April 2011, Blatt 4ff der Bp-Berichtsakte).
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüferin und änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen 2008 und 2009 mit Bescheiden vom 31. August 2011. Dabei setzte er für die Lieferungen der Gärreste Umsätze in Höhe von 10.164 EUR im Jahr 2008 und von 31.962 EUR im Jahr 2009 an.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, dass es sich bei dem Erwerb der Biomasse zur Bioenergiegewinnung und der darauf folgenden Ausbringung der Gärreste um eine Gehaltslieferung i.S.d. § 3 Abs. 5 UStG handele. Der Landwirt K. H. liefere an sie weder Wärme noch Kälte oder Elektrizität, sondern Methan. Bei Methan handele es sich um einen körperlichen Gegenstand, der sich in gasförmigem Zustand befinde. Diese Kohlenwasserstoffverbindung sei in fester Form im Pflanzenmaterial, der Biomasse, enthalten. Erst durch den Treibstoff Methan könne Wärme und Elektrizität erzeugt werden.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2011 zurückgewiesen. Die Klägerin habe die Biomasse im Ganzen erworben und die Übertragung der Gärreste sei als eigenständiger Vorgang rechtlich zu würdigen. Unter Gehalt eines Gegenstandes sei nur ein in ihm enthaltener körperlicher Teil zu verstehen. Methan sei nicht Gehalt der Biomasse, da solches nicht in der Pflanze aufzufinden sei. Die Inhaltsstoffe der Biomasse könnten somit nicht einfach voneinander getrennt werden, um Methan zu gewinnen. Methan werde erst durch Mikrobenzersetzung beim Zerfall der Pflanzen neu gebildet. Eine Gehaltslieferung liege daher nicht vor. Die Klägerin habe die Gärreste zudem nicht der H. GbR zurückgeben, sondern dem Einzelunternehmer K. H.
Die Klägerin trägt vor, die Biogasanlage setze die pflanzl...