Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage bei Überlassung von Arbeitskleidung an Arbeitnehmer zu einem unter den Kosten liegenden Entgelt
Leitsatz (amtlich)
Mietet ein Arbeitgeber Arbeitskleidung, die ausschließlich zum Tragen im Betrieb bestimmt und geeignet ist, und überlässt er diese seinen Arbeitnehmern zu einem Entgelt, das unter seinen eigenen Kosten liegt, so liegt ein Leistungsaustausch vor, für den das tatsächlich gezahlte Entgelt als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist; der Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage ist in diesem Fall mangels Steuerumgehung oder -hinterziehung nicht vorzunehmen.
Normenkette
UStG § 10 Abs. 1, 4 Nr. 2, Abs. 5 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Unterschiedsbetrag zwischen dem Gesamtaufwand, den der Arbeitgeber an ein Serviceunternehmen für die Bereitstellung und Reinigung der Arbeitskleidung für seine Arbeitnehmer trägt, und dem Entgelt, welches diese Arbeitnehmer für die Überlassung und Reinigung der Kleidung zu zahlen haben, nach den Vorschriften über die Mindestbemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.
Der Kläger ist Organträger der Organgesellschaft S Fleischerfachgeschäft GmbH (i.f. GmbH). Diese überlässt an die bei ihr beschäftigten Metzger und Verkäuferinnen Arbeitskittel und -jacken, die mit einem aufgestickten S-Emblem versehen sind. Die GmbH mietet die Kleider von einem Serviceunternehmen an, das auch die Reinigung und den Austausch der Arbeitsbekleidung übernimmt. Aus den Rechnungen macht sie den Vorsteuerabzug geltend. Die Arbeitnehmer sind arbeitsvertraglich verpflichtet, die Jacken und Kittel während der Arbeitszeit zu tragen. Aufgrund hygienerechtlicher Bestimmungen (vgl. Schreiben des Deutschen Fleischer-Verbandes vom 26.11.2003, Bl. 3/Einspruch USt-Akte) werden die Kleider nach ihrer Verwendung ausschließlich im Betrieb des Arbeitgebers aufbewahrt.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte der Beklagte fest, dass die Arbeitnehmer der GmbH für die Bereitstellung und die Reinigung der Arbeitskleidung nachfolgende Entgelte zu entrichten hatten, die vom Arbeitslohn einbehalten wurden (vgl. Auszug aus Prüfungsbericht, Bl. 2/Einspruch USt-Akte):
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1999 (DM) |
2000 (DM) |
2001 (DM) |
2002 (Euro) |
Zahlung der GmbH an |
54.181,25 |
59.082,61 |
52.780,37 |
22.147,70 |
Servicefirma (brutto) |
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Zuzahlung Arbeitnehmer |
16.208,24 |
19.439,67 |
19.656,87 |
10.222,32 |
Unterschied (brutto) |
37.973,28 |
39.642,94 |
33.123,50 |
11,925,38 |
Unterschied (netto) |
32.735,59 |
34.174,95 |
28.554,74 |
10.280,50 |
Den anteiligen Aufwand für Gestellung und Reinigung der Arbeitskleidung, den die GmbH ihren Arbeitnehmern in Rechnung gestellt hatte, war der Umsatzsteuer unterworfen worden. Der Beklagte vertrat im Anschluss an die Prüfung die Auffassung, auch die Unterschiedsbeträge zu den tatsächlich geleisteten Aufwendungen müssten versteuert werden. Denn die entgeltliche oder die teilentgeltliche Überlassung von Arbeitskleidung stelle eine sonstige Leistung gem. § 3 Nr. 9 dar, welche nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerpflichtig sei. Es sei unerheblich, wenn die Kleidung nur aus betrieblichen Zwecken getragen werde. Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 4 der Umsatzsteuerrichtlinien 2002 - UStR - sei nicht anwendbar, weil diese Regelung nur die unentgeltliche, nicht aber die teilentgeltliche Gestellung von Arbeitskleidung betreffe (Abschn. 12 Abs. 1 Satz 3 UStR). Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage habe der Beklagte zu Recht die §§ 10 Abs. 5 Nr. 2 iVm. 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG angewandt, weil auf die bei den Umsätzen entstandenen Kosten und nicht auf die niedrigeren Entgelte der Arbeitnehmer abzustellen sei.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung erließ er am 30.06.2004 gem. § 164 Abs. 1 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2002. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies er mit Entscheidung vom 17.12.2004 zurück.
Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass die Überlassung der Arbeitskleidung ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgt sei. In diesem Falle müsse von nicht steuerbaren Leistungen ausgegangen werden, Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 4 UStR. Die Tatsache, dass der Vertrag mit dem Serviceunternehmen ein einheitlicher Vertrag über Miete und Pflege der Arbeitskleidung sei, dürfe nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern übertragen werden. Denn den Arbeitnehmern seien lediglich die im Schätzungswege festgestellten ersparten Aufwendungen der Reinigung in Rechnung gestellt und die Erlöse der Umsatzsteuer unterworfen worden. Hinsichtlich der restlichen Aufwendungen, die der Arbeitgeber getragen habe, sei eine zusätzliche unentgeltliche Zuwendung an die Arbeitnehmer erfolgt, die ausschließlich auf betrieblichem Interesse beruhe.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1999 bis 2002 vom 30.06.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2004 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer um nachfolgende Beträge geminde...