Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestanforderungen an eine ernsthafte Eingabe bei einem Gericht
Leitsatz (amtlich)
Ein Schreiben, das sich in Beleidigungen des Prozessgegners, des Gerichts oder eines Dritten oder in staatsfeindlichen Äußerungen erschöpft und ein sachliches Begehren nicht enthält, ist grundsätzlich nicht als Klage zu betrachten.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1
Tatbestand
Mit seiner am 30. November 2004 erhoben Klage wendet sich der Kläger gegen eine Kontopfändung des Beklagten vom 12. November 2004, die ein bei der D Bank W mit der Nummer ...200 geführtes Konto betrifft. Er macht geltend, durch die widerrechtliche Kontosperrung sei ihm jede Möglichkeit genommen, seinen Betrieb weiterhin aufrecht zu erhalten. Auch sei ihm die Möglichkeit der Begründung neuer Bankverbindungen verwehrt. Damit sei seine Existenz finanziell ruiniert. Alle Beschlüsse und alle Steuerforderungen könnten wegen Rechtsbeugung und Amtsmissbrauchs nicht anerkannt werden. Es lägen Verstöße gegen das internationale Völkerrecht und die internationalen Menschenrechte vor. Er stelle die steuerliche Zuständigkeit des Finanzamts W in Frage. In umfangreichen Ausführungen macht der Kläger geltend, die Bundesrepublik Deutschland existiere nicht. Sie sei seit dem 17. Juli 1990 durch die Streichung des Artikel 23 GG erloschen und mit ihr die Abgabenordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz. Keine Behörde der angeblich noch existenten BRD habe noch irgendwelche Rechte, Ladungen, Beschlüsse oder Urteile "Im Namen des Volkes" auszusprechen. Deutsche Bürger würden von Gerichten durch Rechtsbeugung widerrechtlich verurteilt. Seine Antwort darauf sei Steuerverweigerung. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger noch ausgeführt, das Verfahren sei an das Verwaltungsgericht abzugeben, um die Rechtsstaatlichkeit im Rahmen einer Feststellungsklage zu klären.
Der Kläger beantragt,
die Kontopfändung bei der D Bank W betreffend das Konto mit der Konto-Nummer ...200 aufzuheben und die vereinnahmten Gelder zurück zu überweisen;
Steuerforderungen ruhen zu lassen, bis über die Frage der Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland Klarheit geschaffen ist.
Der Beklagte beantragt,
Er hält die Klage für unzulässig und weist darauf hin, dass gegen den Kläger Pfändungsmaßnahmen nicht ergangen seien und deshalb auch keine diesbezüglichen Akten vorlägen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Es ist bereits fraglich, ob das Vorbringen des Klägers den Mindestanforderungen, die an eine ernsthafte Eingabe bei einem Gericht zu stellen sind (vgl. BFH-Urteil vom 04. Juni 1992, IV R 139-140/91, BStBl II 1993, 119), entspricht. Denn ein Schreiben, welches sich in Beleidigungen des Prozessgegners, des Gerichts oder eines Dritten oder in staatsfeindlichen Äußerungen erschöpft, also ein sachliches Begehren nicht enthält, ist grundsätzlich nicht als Klage zu betrachten. Das Vorbringen des Klägers enthält im Wesentlichen kein sachliches Begehren, sondern beschränkt sich darauf darzulegen, dass sich der Kläger für seine Person nicht an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gebunden fühlt, weil nach seiner Auffassung die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert und die Gesetze, insbesondere die Abgabenordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, keine Gültigkeit haben. Mit der Anrufung des Gerichts setzt sich der Kläger aber selbst in Widerspruch zu seiner eigenen Auffassung. Denn das Gericht kann ebenso wie das Finanzamt nur im Rahmen der vom Kläger in Abrede gestellten Rechtsordnung eine Entscheidung treffen, die der Kläger jedoch aus den von ihm dargelegten Gründen als nicht verbindlich ansieht. Die in der Klageschrift enthaltene Aufforderung an das Gericht, eine Entscheidung unter Missachtung der geltenden Rechtsordnung zu treffen, überschreitet die Grenzen des Zumutbaren derart, dass eine Bearbeitung und Entscheidung in der Sache nicht in Betracht kommen dürfte. Im Übrigen übersieht der Kläger offenbar, dass es nicht Aufgabe der Gerichte ist, nach der Art von Gutachterstellen Rechtsklarheit über die Rechtslage an sich zu vermitteln. Aufgabe der Gerichte ist es vielmehr, Rechtsschutz zu gewähren. Dementsprechend können sie nur solchen Entscheidungsbitten nachkommen, die von dem institutionellen Zweck "Rechtsschutzgewährung" gedeckt sind.
Soweit dem Vorbringen des Klägers ein sachliches Begehren dahingehend zu entnehmen ist, das Gericht möge die Kontopfändung aufheben, kann der Kläger dieses Rechtsschutzziel mangels Beschwer nicht erreichen. Denn gegen den Kläger sind nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Beklagten keine Vollstreckungsmaßnahmen getroffen worden. Die Aufhebung der von ihm angeführten Kontopfändung kann der Kläger nicht erreichen, weil sich diese Vollstreckungsmaßnahme nicht gegen ihn richtet. Nichts Anderes gilt im Hinblick auf das Begehren des Klägers in Bezug auf die Einstellung weiterer Steuerforderungen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, um welche Forderungen es sich dabei handeln so...