Entscheidungsstichwort (Thema)
Pauschaler Abzug von Wareneinkauf bei Schrotthändlern
Leitsatz (amtlich)
Führt ein Schrotthändler keine Aufzeichnungen über seinen Wareneingang und setzt er stattdessen 55% seines Umsatzes als Wareneinkauf an, so ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, ihn zur Benennung der Empfänger aufzufordern.
Kommt er dem Benennungsverlangen nicht nach, so ist die Schätzung des Wareneinsatzes mit 20% unter Berücksichtigung des zu erwartenden Steuerausfalls bei den Empfängern und der Besonderheiten der Branche innerhalb des Schätzungsrahmens.
Der Steuerpflichtige kann sich für künftige Veranlagungszeiträume auch dann nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn das Finanzamt für zurückliegende Jahre die Schätzung mit 55% akzeptiert und auch bei voran gegangenen Prüfungen nicht beanstandet hat und er deshalb von der Führung von Aufzeichnungen abgesehen hat.
Normenkette
AO §§ 160, 162
Tatbestand
Der Kläger betreibt einen Schrotthandel. Er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG.
Für die Jahre 2001 bis 2003 war in 2005/06 eine Außenprüfung durchgeführt worden, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 16.05.2006 dargestellt ist.
Dabei wurde festgestellt, dass der Kläger keine Aufzeichnungen über seine Schrotteinkäufe geführt hatte, sondern diese mit 55% der Bruttoeinnahmen geschätzt hatte; einen Vorsteuerabzug hatte er nicht vorgenommen. Der Aufforderung der Prüferin, die Lieferanten zu benennen, kam er nicht nach. Nach den Feststellungen der Prüferin handelte es sich überwiegend um Firmenschrott.
Der Beklagte versagte im Anschluss an die Außenprüfung den Betriebsausgabenabzug für die Schrottankäufe gemäß § 160 AO in vollem Umfang, da der Steuerausfall zumindest in dieser Höhe stattgefunden habe. Im Einspruchsverfahren wurde für 2002 und 2003 ein Wareneinkauf in Höhe von 20% der Erlöse anerkannt, um insoweit dem Erwerb von Privatleuten Rechnung zu tragen.
Für die Jahre 2006 bis 2008 reichten die Kläger Einkommensteuererklärungen ein, mit denen sie unter Hinweis auf das anhängige Klageverfahren den Gewinn jeweils mit 12.000 € schätzten.
Der Beklagte legte der Einkommensbesteuerung für 2006 einen Gewinn von 60.000 € zugrunde, für 2007 von 65.000 € und für 2008 von 70.000 €. Die Einkommensteuerbescheide ergingen am 15.05.2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Einsprüche dagegen wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 02.10.2009 zurückgewiesen.
Im Laufe des Klageverfahrens legte der Kläger für 2006 eine Gewinnermittlung vor, in der er allerdings den Wareneinkauf wie in den Vorjahren mit 55% des Brutto-Umsatzes geschätzt hatte. Der erklärte Verlust betrug 44.482 €. Der Beklagte erließt am 09.11.2009 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2006, in dem er einen Gewinn von 32.282 € ansetzte; die vom Kläger angesetzten Betriebsausgaben für Einkauf von Schrott in Höhe von 76.764 € erkannte er in voller Höhe nicht an. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Es ergab sich eine Einkommensteuerfestsetzung von 2.015 €.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, es habe eine jahrzehntelange Übung bestanden, wonach der Wareneinkauf mit 55% des Brutto-Umsatzes geschätzt wurde; dies habe der Beklagte ausdrücklich sanktioniert. Es sei ihnen nicht zumutbar, die Empfänger zu benennen, weil der Kläger dann nicht mehr beliefert werden würde.
Der Kläger habe mit dem Sachgebietsleiter beim Beklagten Herrn B Mitte der 90er Jahre mündlich vereinbart, dass als Wareneinsatz 55% des Umsatzes angesetzt werden könnten. Der Kläger habe auf diese Vereinbarung vertraut.
Die Kläger beantragen,
- den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 23. Juli 2010 dahin zu ändern, dass bei den Betriebsausgaben für Schrotteinkauf ein Betrag in Höhe von 55% des Umsatzes zum Ansatz kommt.
Der Beklagte beantragt,
Er trägt ergänzend vor, der Bevollmächtigte der Kläger habe die Rücknahme der Klage 6 K 1260/08 in Aussicht gestellt, falls für die Folgejahre für Schrotteinkauf 20% des Umsatzes anerkannt würden.
Eine Vereinbarung, dass als Schrotteinkauf 55% des Umsatzes geschätzt werden könnten, sei nicht aktenkundig. Zudem bestehe wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung kein Vertrauensschutz auf künftig identische Verfahrensweise.
Das Gericht hat einen Erörterungstermin abgehalten. Auf das Protokoll vom 04.05.2010 wird Bezug genommen.
Der Kläger hat im Anschluss an den Erörterungstermin Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 mit Gewinnermittlungen eingereicht.
Der Beklagte hat am 23.07.2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 erlassen, in denen er den Gewinn abweichend für 2007 mit 5.347 € und für 2008 mit 72.145 € angesetzt hat. Dabei hat er den Wareneingang Schrott jeweils nur mit 20% des Umsatzes anerkannt, was für 2007 zu einer Steuerfestsetzung von Null € führte.
Für 2008 setzte der Beklagte einen Wareneingang Schrott in Höhe von 83.141 € an, wobei er die 20% versehentlich von dem Betrag von 372.509,61 € errechnete, statt von ...