Revision eingelegt (BFH VI R 19/11)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernungspauschale bei verkehrsgünstigerer weiterer Strecke – Berufliche Veranlassung des Besuches der CeBIT
Leitsatz (amtlich)
Der Berechnung der Entfernungspauschale kann die verkehrsgünstigere Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur zugrunde gelegt werden, wenn der Steuerpflichtige die tatsächliche Zeitersparnis darlegt und die Nutzung der vermeintlich verkehrsgünstigeren Wegstrecke überhaupt zu einer Zeitersparnis führen kann.
Neben einem gewissen beruflichen Interesse befriedigt der Besuch der CeBIT Computermesse auch ein allgemeines Informationsinteresse an moderner EDV-Technik, das der privaten Sphäre zuzuordnen ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4, § 12 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist einmal streitig, ob die Kläger der Entfernungspauschale die verkehrsgünstigere Straßenverbindung zwischen ihrer Wohnung und ihrer jeweiligen Arbeitsstätte zugrunde legen konnten und ob der Kläger für den Besuch der CeBIT Werbungskosten geltend machen konnte.
Im Streitjahr 2006 wurden die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger wohnten im Streitjahr in der J-Straße in I. Der Kläger arbeitete bei der Z Versicherung in der S-Straße in F. Die Klägerin arbeitete in der Kindertagesstätte E in der H-Straße in W. Kläger und Klägerin erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
In der Einkommensteuererklärung für 2006 vom 22. Februar 2007 machte der Kläger Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 4.636,80 € (= 224 Tage x 69 km x € 0,30) geltend. Zudem setzte er - neben unstreitigen Werbungskosten in Höhe von 542,- € - für den Besuch der Computermesse CeBIT in Hannover am 11. März 2006 Werbungskosten in Höhe von 255,30 € an, die sich aus Fahrtkosten in Höhe von 237,30 € (= 791 km x 0,30 €), von 6,- € (Tagesparkschein) und von 12,- € (Verpflegungspauschale) zusammensetzten. Die Klägerin machte für ihre Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Entfernungspauschale in Höhe von 1.908,- € (= 212 Tage x 30 km x 0,30 €) geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 8. März 2007 berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit eine Entfernungspauschale in Höhe von 3.696,- € (= 224 Tage x 55 km x 0,30 €). Die übrigen vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten berücksichtigte der Beklagte in Höhe eines Betrages von 542,- €. Bei der Klägerin ging er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von einer Entfernungspauschale in Höhe von 1.400,- € (= 212 Tage x 22 Km x 0,30 €) aus (EStA, Bl. 16). In den Erläuterungen führte er aus, dass „Aufwendungen für den Besuch von Publikumsmessen (CeBIT) nicht berücksichtigt werden konnten, da diese keinen ausschließlichen beruflichen Charakter haben. Nach den Feststellungen des Finanzamts beträgt die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Ehemannes nicht mehr als 55 km. Nach den Feststellungen des Finanzamts beträgt die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Ehefrau nicht mehr als 22 km“.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Seine täglich gefahrene Strecke, die die verkehrsgünstigere und schnellere Strecke sei, betrage 69 km. Die Verkehrslage im Berufsverkehr habe sich nicht verbessert, sondern sei insbesondere durch ständige Staus um die ... (Autobahn A 01) und abends durch Dauerstaus am ... (A 02) bis auf die A 01 sowie vermehrten Stauaufkommens auf der A 03 verschärft. Die CeBIT besuche er als Fachbesucher regelmäßig seit 1987. Diese Aufwendungen seien ihm bisher stets anerkannt worden. Zudem sei der Besuch der CeBIT für ihn beruflich erforderlich. Als Bankbetriebswirt, der Firmenkunden zu betreuen habe sowie mit der Warenkreditsicherung befasst sei, besuche er heute hauptsächlich das Angebot des „Mittelstandsforums", das insbesondere Software-Lösungen für Risiko- und Debitorenmanagement anbiete. Bei ihr betrage die einfache Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach ihren Tachoangaben 24 km.
Mit Schreiben vom 19. September 2007 wies der Beklagte auf die gesetzliche Regelung gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG hin. Hiernach sei die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als diese Straßenverbindung könne nur dann zu Grunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger sei und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt werde. Wann eine Straßenverbindung offensichtlich verkehrsgünstiger sei, sei gesetzlich nicht geregelt. Der BFH habe mit Urteil vom 10. Oktober 1975 (VI R 33/74) entschieden, dass eine Strecke dann verkehrsgünstiger sei, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte - trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen - in der Regel schneller und pünktlicher erreiche. Das Finanzgericht Düsseldorf habe entschieden, dass eine Zeitersparnis von 20 Minuten ausreichend, aber auch erforderlich sei, u...