Revision eingelegt (BFH VI R 5/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Behandlung einer Teil-Kapitalisierung
Leitsatz (amtlich)
Eine Teil-Kapitalisierung steht der Anwendung der Steuerermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht entgegen. Eine Begünstigung scheidet jedoch aus, wenn es an der Atypik der Zusammenballung von Einkünften fehlt.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die ermäßigte Besteuerung von Versorgungsbezügen.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Der am … geborene Kläger war vom … bis … beim Land Rheinland-Pfalz tätig. Aufgrund seines Ausscheidens aus dem Landesdienst zum … wurde der Kläger vom Land Rheinland-Pfalz bei der Deutschen Rentenversicherung nachversichert.
Vom … bis … war er Geschäftsführer einer Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft; in diesem Zeitraum wurden Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung führ ihn abgeführt.
Vom … bis … war der Kläger als kommunaler Wahlbeamter tätig. Als kommunaler Wahlbeamter wurde er versorgungsrechtlich dem Beamtenversorgungsgesetz zugeordnet.
Vom … bis … war er Vorsteher eines Verbandes, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Tätigkeit erfolgte im Angestelltenverhältnis aufgrund eines Dienstvertrages vom … In diesem Vertrag verpflichtete der Verband sich, dem Kläger für den Versorgungsfall Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. In § 10 Abs. 1 des Vertrages wurde die Höhe der Versorgungsbezüge festgelegt; der Höchstsatz betrug 75%. In § 10 Abs. 5 wurde die Anrechnung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus Zusatzversicherungen und aus Anwartschaften nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) geregelt.
Am … erfolgte eine Ergänzung zum Dienstvertrag, mit der dem Kläger ein Wahlrecht eingeräumt wurde, ob er bei Eintritt des Versorgungsfalles die vereinbarten laufenden Leistungen in Anspruch nimmt oder diese nur zum Teil in Anspruch nimmt und für den verbleibenden Teil eine wertgleiche Kapitalleistung verlangt. Bei Wahl der Teil-Kapitalabfindung wurde geregelt, dass dem Kläger mindestens laufende Leistungen in Höhe des fiktiven Ruhegehalts eines Beamten des Landes Rheinland-Pfalz der Besoldungsgruppe … verbleiben müssen.
Ab dem … bezieht der Kläger laufende Versorgungsbezüge vom Verband. Er wählte die Variante der Teil-Kapitalauszahlung und erhielt eine Kapitalabfindung in Höhe von … €.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 beantragten die Kläger die ermäßigte Besteuerung der Kapitalabfindung gemäߧ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG .
Mit Einkommensteuerbescheid vom 17.09.2013 lehnte das beklagte Finanzamt die ermäßigte Besteuerung der Kapitalabfindung ab unter Hinweis auf die BMF-Schreiben vom 31.03.2010, BStBl I 2010, 270, und vom 25.07.2013, Rz. 371, sowie das BFH-Urteil vom 12.04.2007 - VI R 6/02, BStBl II 2007, 581. Danach sei nur dann von einer Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten auszugehen, wenn die Versorgungsleistungen in einer Summe als Kapitalleistung ausgezahlt würden.
Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12.04.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, im Falle von Teil-Kapitalauszahlungen liege keine Zusammenballung von Einnahmen als Arbeitslohn für mehrere Jahre im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor. Mit Urteil vom 20.09.2016 - X R 23/15, BStBl II 2017, 347 habe der BFH bestätigt, dass eine Kapitalabfindung eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG darstelle. Er verneine jedoch die Außerordentlichkeit der Einkünfte, die § 34 EStG voraussetze. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten seien nur dann außerordentlich, wenn die Zusammenballung nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der Einkünfteerzielung entspreche (BFH Urteil vom 23.10.2013 - X R 3/12, BStBl II 2014, 58, Rz. 74 m.w.N.). Auch im Streitfall fehle es danach an der Außerordentlichkeit. Die für die Tarifbegünstigung erforderliche Atypizität werde nicht (das Gericht geht davon aus, dass das Wort "nicht" hier versehentlich steht, denn so machen die Ausführungen keinen Sinn) schon dadurch ausgeschlossen, dass der Vertrag mit dem Verband ein Wahlrecht zwischen laufenden Bezügen und Kombination aus Teil-Kapitalisierung und laufenden Bezügen vorsehe. Damit habe der Arbeitgeber dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, einen Teil seiner Basisversorgung als Kapitalleistung zu erhalten. Wesentliche Merkmale der Basisversorgung seien nach der Rechtsprechung des BFH, dass die Renten erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. bei Erwerbsunfähigkeit gezahlt wurden und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Sicherung des Lebensunterhalts zugute kämen. Die tatsächliche Verwendung als Altersversorgung werde dadurch grundsätzlich sichergestellt, dass die Rentenversicherungsansprüche nicht beleihbar, nicht veräußerbar, nicht übertragbar, nicht vererblich und nicht kapitalisierbar seien (BFH, En...