Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit von Ehescheidungskosten
Leitsatz (amtlich)
Prozesskosten für eine Ehescheidung sind nach der ab VZ 2013 geltenden Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG weiterhin als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 2 S. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung bei der Einkommensteuer 2013 als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG zu berücksichtigen sind.
Der Kläger bezog im Streitjahr 2013 Arbeitslohn aus seiner Tätigkeit als Datenverarbeitungskaufmann. Er lebt seit dem 04.10.2011 von seiner Ehefrau getrennt und ist seit dem 17.07.2013 geschieden (Bl. 1 der Einkommensteuerakten - EStA -). Aus der Ehe ging ein Sohn hervor (Bl. 3 EStA).
In seiner Einkommensteuererklärung machte er - neben den Aufwendungen für eine Augenoperation mittels Laser (3.931 €) - auch Kosten für die Ehescheidung (1.594 €), für beglaubigte Kopien betreffend die Ehescheidung (144 €) sowie Kosten eines Unterhaltsverfahrens (662 €), insgesamt 6.331 €, als außergewöhnliche Belastung geltend (Bl. 2 f. EStA).
In dem Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 02. Juni 2014 berücksichtigte der Beklagte allein die Operationskosten (3.931 €), so dass sich - nach Ansatz der zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG (3 % von 39.944 € GdE = 1.198 €) - ein Abzugsbetrag in Höhe von lediglich 2.733 € ergab (Bl. 12 EStA). In den Erläuterungen zur Festsetzung wurde ausgeführt, dass die geltend gemachten Scheidungskosten ab dem Jahr 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien (Bl. 13 EStA).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger - vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten - am 10.06.2014 Einspruch ein, der sich gegen die Nichtberücksichtigung der Kosten für die Ehescheidung und die Unterhaltsregelung richtete. Scheidungskosten seien trotz der Änderung des § 33 EStG auch ab 2013 weiterhin als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Das Ziel des Gesetzgebers sei die Wiederherstellung derjenigen Rechtslage gewesen, die bis zur Änderung der BFH-Rechtsprechung durch Urteil vom 12. Mai 2011 gegolten habe. Im Gegensatz zu einem Zivilprozess könne ein Scheidungsverfahren nicht vermieden werden, um eine zerrüttete Ehe zu beenden. Könne sich ein Bürger dem Scheidungsverfahren aus rechtlichen Gründen nicht entziehen, indem die Ehe nur durch richterliche Entscheidung geschieden werden könne, so müsse der hierdurch verursachte Aufwand als zwangsläufig anerkannt werden. Die Anerkennung stehe auch nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers (Bl. 15 EStA).
Zum Nachweis der geltend gemachten Aufwendungen und ihrer Zahlung im Jahr 2013 legte der Kläger eine Rechnung der Rechtsanwälte Dr. K & Partner vom 05.11.2013 über 1.593,65 € (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr, Pauschale für Post und Telekommunikation, Umsatzsteuer, Gerichtskosten betreffend das Scheidungsverfahren des Klägers und seiner Ehefrau vor dem Amtsgericht 16 F .../12; Bl. 17 EStA), eine weitere Rechnung dieser Kanzlei vom 11.11.2013 über 661,16 € (Geschäftsgebühr, Pauschale für Post und Telekommunikation, Umsatzsteuer, wegen eines Verfahrens "Unterhalt Ehegatte" und "Unterhalt Kind"; Bl. 18 EStA) sowie einen Beleg vor, nach welchem die Rechnungsbeträge am 07.11.2013 und 18.11.2013 durch Überweisung beglichen wurden (Bl. 19 EStA). Des Weiteren reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Quittung der Gemeinde Beselich vom 02.01.2013 über einen Betrag von 144 € für die "Beglaubigung D. M." (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden) zu den Akten (Bl. 16 EStA).
Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2014 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte begründend aus (Bl. 22 ff. PA):
Nach der früheren Rechtsprechung seien die unmittelbaren und unvermeidbaren Kosten eines Scheidungsprozesses grundsätzlich als zwangsläufig angesehen worden. Ein Abzug anderer Prozesskosten sei nach der damaligen Rechtsprechung nur dann ausnahmsweise in Betracht gekommen, wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Der Gesetzeswortlaut des § 33 Abs. 2 EStG alter Fassung habe keinen Hinweis auf die Behandlung von Prozesskosten enthalten.
Mit Urteil vom 12. Mai 2011 (- VI R 42/10 -) habe der BFH seine Rechtsprechung insoweit weiter entwickelt gehabt, als nunmehr Zivilprozesskosten - unabhängig vom Gegenstand des Prozesses - grundsätzlich aus rechtlichen Gründen als zwangsläufig bewertet worden seien, sofern die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine.
Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.06.2013 (BGBl I, 1809) habe der Gesetzgeber auf diese Entwicklung reagiert und erstmalig d...