Revision eingelegt (BFH IV R 42/15)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht des Finanzamts auf den Wegfall der Zulässigkeit der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen
Leitsatz (amtlich)
Gestattet bzw. fordert das Finanzamt in Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse eines Weinbaubetriebes für diesen über Jahre die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz i.d.F. vom 08.10.2009 (EStG a.F.), ist es für die Abweichung von der Durchschnittssatzgewinnermittlung und der Schätzung des Gewinns nach § 162 der Abgabenordnung (AO) in analoger Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG a.F. und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben erforderlich, dass das Finanzamt auf den Wegfall der Zulässigkeit der Durchschnittssatzgewinnermittlung hingewiesen hat.
Normenkette
EStG § 13a Abs. 1-2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob im Veranlagungszeitraum 2011 die Besteuerung (noch) nach § 13a Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgen kann.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2011 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus einem Weinbaubetrieb Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die selbstbewirtschaftete Weinbaufläche, die im Eigentum der Klägerin stand, betrug 41,59 Ar (a). Eine landwirtschaftliche Nutzung darüber hinaus lag nicht vor (sog. reiner Weinbaubetrieb). Wirtschaftsjahr für die Ermittlung der Einkünfte aus dem Weinbaubetrieb war der Zeitraum vom 01.07. bis 30.06.; seit Jahren und bis einschließlich für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 erfolgte die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG.
Mit Urteil vom 13.12.2012 - IV R 51/10 - entschied der Bundesfinanzhof in einer Rechtssache des Beklagten, dass für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Gewinn nur dann nach Durchschnittssätzen ermittelt werden darf, wenn zu ihm selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzflächen gehören.
In der am 18.01.2013 für das Jahr 2011 abgegebenen Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin wie in den Vorjahren die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13a EStG. Da der Wert der Sondernutzung 2.000,- DM nicht überschritt, setzte sie in der Anlage L für die Wirtschaftsjahre 2010/2011 und 2011/2012 nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 EStG jeweils einen Gewinn von 512,- € an (Bl. 8 Einkommensteuerakte - EStA).
Mit Schreiben vom 05.02.2013 forderte der Beklagte die Klägerin unter Bezugnahme u.a. auf das Urteil des BFH vom 14.04.2011 (IV R 1/09) auf, für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 eine Gewinnermittlung nach Grundsätzen der Einnahme-Überschuss-Rechnung i.S. des § 4 Abs. 3 EStG einzureichen. Den von der Klägerin dagegen erhobenen Einwendungen ("Einspruch") folgte der Beklagte nicht. Mit Schreiben an die Klägerin vom 28.03.2013 führte er aus, die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG hätten für den Weinbaubetrieb der Klägerin nicht vorgelegen. Die Aufforderung zur Vorlage einer die Anlage L ergänzenden Gewinnermittlung betreffend das Wirtschaftsjahr 2011/2012 sei damit weder eine Aufforderung zur Änderung der Gewinnermittlung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG noch eine Aufforderung zur Gewinnermittlung nach §§ 140, 141 AO; es handele sich um eine reine Mitteilung, der nur deklaratorische Bedeutung zukomme (Bl. 30 EStA). Die Klägerin reichte eine Gewinnermittlung nicht ein.
Der Beklagte ermittelte den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 im Wege der Schätzung gemäß § 4 Abs. 3 EStG und setzte mit Einkommensteuerbescheid vom 24.05.2013 für das Jahr 2011 die Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft mit 4.955,- € an (Bl. 27 EStA). Nach den Erläuterungen erfolgte die Schätzung wie folgt:
Einnahmen: 0,4159 ha x 25.000 €/ha = 10.397 € (Erfahrungswert Traubengeldzahlung)
abzüglich 0,4159 ha x 2.400 € (Bebauungskostenpauschale) = 999 €
Der dagegen am 07.06.2013 eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.11.2013 als unbegründet zurück gewiesen (Bl. 35 ff. EStA).
Mit der dagegen am 20.12.2013 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, bis zum Beginn des Jahres 2013 habe der Beklagte bei reinen Weinbaubetrieben, die keine sonstigen landwirtschaftlichen Flächen bewirtschafteten, den Ansatz des Gewinns gemäß § 13a Abs. 5 EStG in Höhe des Zuschlags von 512,- € akzeptiert. Erst aufgrund des Urteils des BFH vom 13.012.2012 habe der Beklagte seine Rechtsauffassung geändert. Er könne nunmehr nur für zukünftige Wirtschaftsjahre Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG anfordern und die Anwendung des § 13a EStG versagen. Die plötzliche Anforderung einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen höherrangiges Recht und sei damit rechtswidrig:
Es stelle einen Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung dar, wenn St...