Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung des Arbeitnehmeranteils zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder – VBL – bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitnehmeranteil zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ist - obwohl nicht gesetzliche Pflichtversicherung - bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG mindernd zu berücksichtigen, da die vom Arbeitgeber abgeführten Beiträge an die VBL zum Aufbau einer Zusatzversorgung im Alter den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung vergleichbar sind, das Kind sich den Beitragszahlungen nicht entziehen kann und die Beiträge an die VBL nicht in den Verfügungsbereich des Kindes gelangen, weil sie vom Arbeitgeber abgeführt werden.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist, ob der Arbeitnehmeranteil zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder als nicht gesetzliche Pflichtversicherung bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG mindernd zu berücksichtigen ist.
Die am 12. Oktober 1984 geborene Tochter A (Bl. 16 KiG-A) des Klägers befand sich laut Ausbildungsbescheinigung des Arbeitsamts vom 31. Oktober 2002 (Bl. 45 KiG-A) seit 1. September 2002 in einer Ausbildung als "Fachangestellte für Arbeitsförderung". Ihre Abschlussprüfung legte sie am 29. Juni 2005 erfolgreich ab und wurde zum 30. Juni 2005 als Arbeitnehmerin übernommen (Bl. 60 KiG-A). Nach der Erklärung des Klägers vom 28. Oktober 2005 (Bl. 73/74 KiG-A) und der Gehaltsmitteilung des Arbeitgebers vom 21. Dezember 2004 (Bl. 58 KiG-A) erhielt die Tochter im Streitjahr 2004 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 10.894 € brutto. Die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge beliefen sich auf einen Jahresbetrag von 2.280,46 € und die Beiträge zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (nachfolgend kurz VBL genannt) auf insgesamt 156,86 € (Bl. 58 KiG-A). Zu den Werbungskosten für das Kalenderjahr 2004 machte der Kläger keine Angaben (Bl. 79/80 KiG-A) und merkte hierzu an, dass der Zeitraum schon lange zurückliege, keine Aufzeichnungen vorhanden seien und er davon ausgehe, dass mit dem Pauschbetrag alles abgegolten sei (Bl. 70 KiG-A).
Durch Bescheid vom 30. Dezember 2005 (Bl. 90/91 KiG-A) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Kindergeld vom 17. November 2005 mit dem Argument ab, die Einkünfte und Bezüge der Tochter hätten im Kalenderjahr 2004 mehr als 7.680 € betragen. Gegen den Ablehnungsbescheid erhob der Kläger am 5. Januar 2006 Einspruch. Er wandte ein, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 zur Frage der Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahresgrenzebetrag des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG treffe auch auf die Arbeitnehmeranteile für die VBL zu, da die abgeführten Beiträge keine Entlastung der Eltern bewirken könnten (Bl. 92 KiG-A). Den Einspruch wies die Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 (Bl. 93-96 KiG-A) zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvierten, bestehe Anspruch auf Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass die Einkünfte des Kindes und seine Bezüge den gesetzlich festgelegten Grenzbetrag von 7.680 € nicht überschritten. Als Einkünfte seien die Bruttoeinnahmen des Kindes aus den sieben steuerlichen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG abzüglich der Werbungskosten bzw. der Betriebsausgaben anzurechnen. Ausweislich der Jahreslohnabrechnung 2004 sei bei der Tochter des Klägers von Bruttoeinkünften in Höhe von 10.894 € auszugehen. Hiervon sei nur der Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 920 € abzusetzen, da keine höheren Werbungskosten geltend gemacht bzw. nachgewiesen worden seien. Abziehbar sei ferner der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge für Renten-, Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 2.280,46 €. Es verbliebe folglich ein zu berücksichtigendes Einkommen von 7.693,54 €. Die Beiträge zur VBL könnten hingegen nicht abgezogen werden. Da der Begriff der Einkünfte im § 32 Abs. 4 S. 2 EStG dem des § 2 Abs. 1 EStG entspreche, könnten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen des Kindes nicht zusätzlich von dessen Einnahmen abgezogen werden. Ausnahmen seien nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 2005 lediglich hinsichtlich des Abzuges von gesetzlichen Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung des Kindes zugelassen worden. Hierunter würden die Beiträge zur VBL nicht fallen, auch wenn das Kind über diese Beiträge nicht frei verfügen könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 13...