Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht von Zinsen aus einer Lebensversicherung
Leitsatz (amtlich)
Werden Mittel aus einem mit einer Lebensversicherung besicherten Finanzierungsdarlehen sowohl für den Erwerb von begünstigtem Anlagevermögen als auch von Umlaufvermögen und für weitere Finanzierungskosten abgerufen, hat dies die komplette Steuerpflicht der Erträge aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Folge, sofern die sog. Bagatellgrenze von 2.556 € gemäß BMF-Schreiben vom 15.06.2000 (BStBl I 2000, 1118) überschritten wird.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2a, § 20 Abs. 1 Nr. 6
Nachgehend
Tatbestand
Im Streit ist die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen gem. § 29 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung - EStDV - i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes - -EStG-.
Am 17. August 2004 zeigte die A-Bank, Filiale K, nach § 29 Abs. 1 EStDV an, dass der Kläger die Versicherungsansprüche in Höhe von 120.000 € aus seiner Kapitallebensversicherung (A-Versicherung AG, K, Versicherungsnummer ...003) zur langfristigen Sicherung eines Darlehens in Höhe von 180.000 € (Darlehen ...834) zur Finanzierung einer Praxisübernahme eingesetzt hatte. Der Beklagte stellte daraufhin die Steuerpflicht der Zinsen aus der o.g. Kapitallebensversicherung mit Bescheid vom 29. Juni 2005 gesondert fest.
Mit seinem Einspruch trug der Kläger vor, dass er zur Finanzierung der Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens einen Darlehensvertrag i.H.v. 180.000 € abgeschlossen habe. Aus der Lebensversicherung seien jedoch lediglich 120.000 € zur Besicherung/Tilgung des Darlehens eingesetzt worden. Bisher sei ein Betrag i.H.v. 155.200 € für die Kaufpreiszahlung aus dem Praxiskauf i.H.v. 148.000 € und die Zinscap-Gebühr aufgrund einer Zinsbegrenzungsvereinbarung i.H.v. 7.200 € abgerufen und dem Vorfinanzierungskonto gutgeschrieben worden. Der verbleibende Restbetrag stehe für Investitionen des Anlagevermögens weiterhin bereit, sei jedoch noch nicht abgerufen. Da es sich um eine erstmalige Finanzierung handele und die Versicherungsansprüche lediglich i.H.v. 120.000 € zur Sicherung dienten, liege keine schädliche Verwendung vor.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 3. April 2007 als unbegründet zurück.
Setze ein Steuerpflichtiger Ansprüche aus einer Lebensversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst, b Doppelbuchstaben bb, cc und dd EStG während der Dauer der Versicherung im Erlebnisfall zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen ein, deren Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, könnten die Versicherungsbeiträge grundsätzlich nicht als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 2 Satz 2 EStG). Gegebenenfalls sei eine Nachversteuerung durchzuführen (§ 30 Abs. 2 EStDV). Soweit die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt seien, gehörten die Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG). In diesen Fällen müsse das Versicherungsunternehmen bei Verrechnung oder Auszahlung von Zinsen (z.B. bei Fälligkeit der Versicherung) Kapitalertragsteuer einbehalten (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Nach § 29 EStDV hätten der Sicherungsnehmer, das Versicherungsunternehmen und der Versicherungsnehmer dem zuständigen Finanzamt unverzüglich die Fälle anzuzeigen, in denen Ansprüche aus Versicherungsverträgen nach dem 13. Februar 1992 zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen eingesetzt würden. Nach § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (V zu § 180 Abs. 2 AO) sei die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen gesondert festzustellen.
Im Streitfall seien die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht gegeben. Danach könnten Beiträge u. a. zu einer Kapitallebensversicherung nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag während dessen Dauer im Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienten, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, es sei denn, das Darlehen diene unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung sei, und die ganz oder zum Teil zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüche aus Versicherungsverträgen überstiegen nicht die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Sonderregelungen bestünden unter bestimmten Voraussetzungen für Investitionsdarlehen, kurzfristige Betriebsmittelkredite und betrieblich/beruflich veranlasste Darlehen, die mit einer Direktversicherung gesichert würden. Ziel der Neuregelung sei es gewesen, ungerechtfertigte Steuervorteile einzudämmen,...