Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerstreitende Steuerfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Bestandskräftige Umsatzsteuerbescheide können nach § 174 Abs.4 AO geändert werden, um die Vorsteuerberichtigung durchzuführen, selbst wenn das Finanzamt die ursprünglichen Bescheide, in denen die Vorsteuerberichtigung wegen Veräußerung der Wirtschaftsgüter erfolgt war , wegen Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Bauleistungen ,geändert hatte.
Normenkette
AO § 174 Abs. 4, § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsatzsteuerbescheide für 1989 und 1990 noch gemäß § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung - AO - geändert werden durften.
Ausweislich der Prozessakten 4 K 1942/92 (alt) / 4K 1781/97 (neu) stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:
Der Kläger kaufte am 1. März 1988 von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts H (GbRH) zwei Neubauparzellen, trat zugleich in den zwischen dieser und der TBG-KG bestehenden Werkvertrag als Bauherr über die weitgehend fertiggestellten Doppelhaushälften auf den Baugrundstücken (Doppelhaus Nr. 5 und Nr.8) ein und übernahm außerdem die Vermieterrechte der TBG-GmbH aus einem mit der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) im Rahmen eines sogenannten Nato-Modells bestehenden Mietvertrag über die bezeichneten Gebäude. Die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesvermögensamt, vermietete die Wohnungen an Angehörige der Nato-Streitkräfte. Die TBG-KG sollte die erworbenen Häuser verwalten, Mieten einziehen, mit Verwaltungs- und Vertriebskosten verrechnen und dann an den Kläger weiterleiten. Zugunsten des Klägers wurde am 21. März 1988 eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Zur Finanzierung der Verpflichtungen aus den Kauf- und Werkverträgen hatte der Kläger von der Sparkasse Kulmbach Darlehen erhalten, die durch Grundschulden, durch eine Verpfändung des Auflassungsanspruchs und durch die Abtretung von Rückzahlungsansprüchen für den Fall der Aufhebung der Kaufverträge gesichert worden waren. Der Kläger zahlte aus Darlehensmitteln in der Folgezeit 95 v. H. der vereinbarten Baukosten an die TBG-KG.
Die vom Bundesvermögensamt gezahlten Mieten für die ab 1. April 1988 vermieteten Wohnhäuser von monatlich 1.390,-- DM erhielt der Kläger bis einschließlich Oktober 1988 nach Verrechnung mit entstandenen Kosten über die TBG-KG. Da der Kläger zugesagte Eigenmittel nicht geleistet hatte, stellte die TBG-KG Zahlungen ab November 1988 an den Kläger ein. Die Sparkasse K kündigte im Oktober 1988 die zuvor bezeichneten Darlehensverträge, weil der Kläger die darin übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt hatte und drohte zugleich die Verwertung der Sicherheiten an. Darauf bewilligte der Kläger ebenfalls im Oktober 1988 in notariell beglaubigter Form die Löschung der Auflassungsvormerkung. Die Vormerkung wurde am 4. Juli 1990 gelöscht. Die Doppelhaushälfte Nr. 5 wurde am 29. Dezember 1989 an die TBG-KG, die Doppelhaushälfte Nr. 8 am 7. Mai 1990 an einen anderen Erwerber verkauft und aufgelassen. Mit den Kaufpreisforderungen wurden Darlehensverbindlichkeiten des Klägers getilgt.
Der Kläger meldete aus den Rechnungen über die Herstellung der Doppelhaushälften beim zunächst zuständigen Finanzamt K Vorsteuerbeträge von 72.535,50 DM an, welche von diesem nicht berücksichtigt wurden, weil der Kaufvertrag mit dem Kläger nicht wirksam geworden sei.
Das später zuständig gewordene Finanzamt N - der Beklagte -, bei dem der Kläger in der für 1988 abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung weiterhin den Vorsteuerabzug aus den Objekten H geltend machte, gelangte zunächst zu der Auffassung, dass dem Kläger die Objekte umsatzsteuerrechtlich bis 29. Dezember 1989 bzw. bis 7. Mai 1990 zuzurechnen seien, ab den genannten Zeitpunkten jedoch der Vorsteuerabzug gemäß § 15a UStG rückgängig zu machen sei. Hierauf erließ der Beklagte am 9. Oktober 1991 einen den vorangegangenen Umsatzsteuerbescheid 1988 des FA K vom 4. Februar 1991 gemäß § 164 Abs. 2 AO ändernden Umsatzsteuerbescheid, mit dem die negative Umsatzsteuerschuld von ./. 57.840,-- DM - insoweit herrührend aus einem Vorsteuerguthaben bzgl. eines Objektes in G auf ./. 134.502,-- DM festgesetzt wurde. Zugleich erließ der Beklagte auch für die Jahre 1989 und 1990 berichtigte Umsatzsteuerbescheide, in denen er die Umsatzsteuerkürzungen berücksichtigte, was für 1989 zu einer Nachzahlung von 26.583,-- DM und für 1990 zu einer Nachzahlung von 29.627,-- DM führte. Später änderte der Beklagte seine Rechtsauffassung und vertrat sodann die Meinung, die auf die Herstellungskosten der Objekte H entfallenden Vorsteuern von 76.400,67 DM seien wegen der Rückabwicklung der Verträge mit der GbRH und der TBG-KG noch im Jahr 1988 nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG zu berichtigen. Sodann erließ der Beklagte am 13. Dezember 1991 einen erneut gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1988, wobei er einen Vorsteuerabzug aus den Objekten H nicht mehr berücksichtigte und die Umsatzsteuer auf ./...