Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1992
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, in welchem Zeitpunkt ein Veräußerungs-(Liquidations-)Verlust im Sinne des § 17 Abs. 2 und 4 EStG zu erfassen ist.
Der zusammen mit seiner Ehefrau (Klägerin) zur Einkommensteuer veranlagte Kläger war Geschäftsführer und Gesellschafter (zu 50 % = 25.000,– DM) der Firma … Gesellschaftszweck war die Vermittlung und der Abschluß von Versicherungsverträgen und Durchführung damit zusammenhängender Tätigkeiten. Zur Sicherung etwaiger Rückforderungsansprüche aus unverdienten, aber bereits gezahlten Provisionen mußten die beiden Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaften für diese Ansprüche der Versicherungsgsellschaften gegenüber der … abgeben.
Am 25. September 1991 wurde auf Antrag der Geschäftsführer vom Amtsgericht … das Konkursverfahren über das Vermögen der … eröffnet.
Dieses Konkursverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Vermögensaufstellung der GmbH weist zum 01. August 1991 Aktivvermögen von ca. 1,2 Mio. DM und Verbindlichkeiten von ca. 2,6 Mio. DM aus.
Der Konkursverwalter hat in einem Bericht vom 17. Oktober 1995 zum Stand des Konkursverfahrens u.a. ausgeführt, daß das Verfahren von den sich ständig noch immer entwickelnden Provisionsrückforderungsansprüchen der Versicherer einerseits gegen die Gemeinschuldnerin und den sich hieraus ergebenden Ansprüchen der Gemeinschuldnerin gegenüber ihren ehemaligen Mitarbeitern und sonstigen Vertretern getragen sei. Es werde vorgeschlagen, die weitere Entwicklung abzuwarten und ggfs. auch aufgrund des Jahresberichtes für das Jahr 1995, der im Januar 1996 vorgelegt werde, eine entsprechende Gläubigerversammlung einzuberufen. Die Befriedigung gemäß § 170 KO und eine Abschlagsverteilung gemäß §§ 149 ff KO könne zuvor außerhalb der Gläubigerversammlung durchgeführt werden. Wegen der Vielzahl schwebender Verfahren und vor allem der Unwägbarkeiten hinsichtlich der Vollstreckbarkeit der erzielten Titel sei eine weitere Prognose derzeit nicht möglich. Die nicht bevorrechtigten Gläubiger könnten mit einer Gesamtquote zwischen 10 und 20 % rechnen.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 1994 hat der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für 1992 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geschätzt, da die Kläger eine Steuererklärung nicht eingereicht hatten. Dagegen haben die Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt und zur Begründung ihres Einspruchs eine Einkommensteuererklärung für 1992 eingereicht. Darin machten sie neben weiteren Besteuerungsgrundlagen einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 946.942,– DM geltend, den sie wie folgt ermittelten:
Aufgabeerlöse |
0,00 DM |
./. |
Anschaffungskosten Beteiligung |
25.000,00 DM |
./. |
Verlust des Gesellschafterdarlehens |
128.847,35 DM |
./. |
Bürgschaften: |
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… Versicherung |
331.250,53 DM |
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… Versicherung |
250.000,00 DM |
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… Versicherung |
125.000,00 DM |
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… Versicherung |
80.750,00 DM |
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… Lebensversicherung |
13.094,68 DM |
Verlust nach § 17 EStG |
946.942,56 DM |
Zur Begründung haben die Kläger ausgeführt, daß der Kläger zu 1/2 am Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 50.000,– DM beteiligt sei. Zusätzlich habe er der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe von 121.847,35 DM hingegeben sowie aufgrund seines Gesellschaftsverhältnisses Bürgschaften zugunsten verschiedener Versicherungsgesellschaften geleistet, aus denen er seit 1992 in Anspruch genommen werde.
Mit Schreiben vom 29. September 1995 teilten die Kläger mit, daß sie abweichend von der eingereichten Erklärung damit einverstanden seien, die Bürgschaftsinanspruchnahme durch die … Versicherung zunächst in Höhe des unstreitigen Betrages in Höhe von 350.000,– DM anzusetzen. Sollte sich aufgrund des Klageverfahrens eine höhere Inanspruchnahme ergeben, wäre der Verlust dann gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend zu ändern.
In dem geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 vom 23. November 1995 hat der Beklagte den Auflösungsverlust nicht berücksichtigt, da dieser im Falle der Auflösung einer Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation normalerweise auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation der Kapitalgesellschaft zu ermitteln sei. Er sei frühestens zu erfassen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen sei. Im Streitfall sei selbst im Jahre 1995 noch nicht sicher gewesen, in welcher Höhe ein Veräußerungsverlust anfallen werde. Ausweislich des Rechenschaftsberichtes des Konkursverwalters seien noch im Jahre 1995 erhebliche Aktivprozesse geführt worden, aus denen Zuführungen zur Masse erwartet worden seien und aus denen Regreßansprüche der Versicherungen befriedigt werden könnten. Andererseits stehe die Höhe der Inanspruchnahme des Klägers seitens der Versicherungsgesellschaften ebenfalls nicht eindeutig fest. Die ganze Unsicherheit werde bereits dadurch aufgezeigt, daß ursprünglich ein Veräußerungsverlust von 946.942,– DM beantragt worden sei, von dem zwischenzeitlich nur noch 591.000,– DM aufrechterhalte...