Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine pauschalierte Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG für Veräußerungsgewinne im Sinne des § 7 Satz 2 GewStG, die zugleich auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG a.F. erfüllen
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Gesetzeszweck ist eine einschränkende Auslegung der Anrechnungsvorschrift des § 35 Abs. 1 EStG dahin geboten, dass in den Fällen, in denen der Veräußerungsgewinn sowohl die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG a.F. (§ 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG n.F.) als auch des § 7 Satz 2 GewStG erfüllt, der auf dem Veräußerungsgewinn beruhende Teil des Gewerbesteuer-Messbetrags bei der Steuerermäßigung nach § 35 EStG nicht zu berücksichtigen ist.
2. Der gewerbesteuerpflichtige Veräußerungsgewinn im Sinne des § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG a.F. (§ 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG n.F.) ist nicht um den Teil zu kürzen, der auf Beteiligungen an anderen Personen- und Kapitalgesellschaften entfällt, die bereits der formgewechselten Kapitalgesellschaft vor der Umwandlung zugestanden haben.
Normenkette
EStG § 35; UmwStG § 18 Abs. 4; GewStG § 7 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Veräußerungsgewinn, der der Gewerbesteuer unterliegt, von der Einkommensteuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist.
Die Klägerin war Gesellschafterin der N GmbH & Co. KG (im folgenden N KG).
Durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom xx.xx.2005 mit Wirkung zum xx.xx.2005 erwarb die Klägerin von der Beigeladenen, der S AG & Co. Holding KG, sämtliche Kommanditanteile an der N KG sowie sämtliche Anteile an deren Komplementärin, der Firma N Geschäftsführungs-GmbH. Die Komplementärin war am Vermögen der N KG nicht beteiligt.
Die N KG entstand mit Wirkung zum xx.xx.2002 durch Formwechsel aus der N GmbH, deren Anteilseigner und körperschaft- und gewerbesteuerlicher Organträger ebenfalls die Beigeladene war. Entsprechend der Bestimmungen des § 18 Abs. 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) erfasste das Finanzamt den bei der Umwandlung entstandenen Übernahmegewinn nicht als gewerbesteuerbaren Gewinn. Die N KG sowie ihre Rechtsvorgängerin waren an anderen Personen- und Kapitalgesellschaften beteiligt.
Aufgrund verschiedener Veräußerungs-, Einbringungs- und Verschmelzungsvorgängen im Jahr 2007 wuchs das Vermögen der formumgewandelten N KG der Klägerin an.
Aus der Veräußerung ihrer Kommanditanteile an der formumgewandelten N KG an die Klägerin im Streitjahr 2005 realisierte die Beigeladene - unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens (vgl. Bl. 37, 38 der Feststellungsakte) - einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 174.807.476,43 €, von dem ein Teilbetrag von 77.606.287,63 € (ca. 44,40 v. H.) auf den Betrieb der KG und ein Teilbetrag von 97.201.188,80 € (ca. 55,60 v. H.) auf stille Reserven in den Beteiligungen der N KG an anderen Personen- und Kapitalgesellschaften entfiel. Der auf die Anteile an anderen Kapitalgesellschaften entfallende Teil des Veräußerungsgewinns belief sich vor Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf 19.069.701,08 € (vgl. Bl. 38 der Feststellungsakte).
Der gesamte Veräußerungsgewinn von 174.807.476,43 € unterlag unstreitig der Gewerbesteuer. Daher berücksichtigte das damals für die Besteuerung der N KG zuständige Finanzamt in dem Gewerbesteuermessbescheid für 2005 vom 13.02.2007 den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn und setzte bei einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 174.600.580 € einen Gewerbesteuermessbetrag von 8.016.255 € fest.
In dem ebenfalls am 13.02.2007 erlassenen Bescheid für 2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte das Finanzamt den maßgebenden Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke des § 35 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) mit insgesamt 586.030,77 € fest. Hierbei blieb der Veräußerungsgewinn - erklärungsgemäß - unberücksichtigt. Das Finanzamt erfasste lediglich den Gewerbesteuermessbetrag, der aus Beteiligungen der N KG an anderen inländischen Personengesellschaften resultierte. Der hiernach festgestellte Gewerbesteuermessbetrag wurde abweichend von der Feststellungserklärung der KG hälftig auf die Klägerin und die Beigeladene verteilt.
Gegen diesen Bescheid legte die N KG Einspruch ein und begehrte die Erhöhung des Gewerbesteuermessbetrags für die Feststellung gemäß § 35 Abs. 2, 3 EStG von 586.030,77 € um den festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag der N KG von 8.016.255,- € auf insgesamt 8.602.285,77 €. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass der erklärte Veräußerungsgewinn nach § 7 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) und nicht gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG a.F. gewerbesteuerpflichtig sei. Der Ausschluss der Vergünstigung einer pauschalierten Gewerbesteueranrechnung durch die Vorschrift des § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG greife daher nicht ein. Ferner rügte die Klägerin die vom Finanzamt vorgenommene hälftige Verteilung des bisher festgestellten Gewerbesteuermessbetrags. Dieser entfalle vielmehr zu 35,49 v. H. auf die Klägerin und zu 64,51 v. H. auf die Beigeladene.