Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht bei Verlust bringenden, im Nebenerwerb ausgeübten wechselnden Betätigungen im Bereich Kosmetik/Wellness/Gesundheit
Leitsatz (amtlich)
Bei Verlust bringenden, im Nebenerwerb ausgeübten wechselnden Betätigungen mangelt es sowohl bei der Einzelbetrachtung als auch bei der Gesamtbetrachtung der Tätigkeiten an der Einkünfteerzielungsabsicht, wenn sie so wie sie tatsächlich betrieben werden (hier: ohne schlüssiges Betriebskonzept, hohe Anfangsinvestitionen bzw. hohe Ausbildungskosten, unzureichende zeitliche Basis, Ausübung an abgelegenem Standort) von Anfang an nicht geeignet sind, Gewinne zu erwirtschaften.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin mit ihrer in den Streitjahren selbständig ausgeübten Tätigkeit steuerlich relevante Verluste aus Gewerbebetrieb erzielte oder ob eine nicht berücksichtigungsfähige sog. Liebhaberei vorliegt.
Die Klägerin ist als Bankkauffrau bei der X AG nichtselbständig beschäftigt. Nach ihren in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen gemachten Angaben war sie dort jeden Arbeitstag tätig, bis einschließlich 1996 in Vollzeit, ab dem 1. Januar 1997 bis über das letzte Streitjahr hinaus mit 30 Wochenarbeitsstunden. Ihr Bruttoarbeitslohn betrug (gerundet auf volle 100,00 DM) 78.800,00 DM (1995), 80.600,00 DM (1996), 65.900,00 DM (1997), 72.900,00 DM (1998), 67.500,00 DM (1999), 71.900,00 DM (2000) und 72.900,00 DM (2001).
Bis 2004 bewohnte sie eine der beiden Wohnungen des ihr gehörenden Zweifamilienhauses O-Straße Hausnummer, M1. Die andere Wohnung war fremd vermietet. Von M1 zog sie nach F, später (in 2007) nach D1 und sodann (ebenfalls noch in 2007) in ihre aktuelle Wohnung nach M2. Das Haus in M1 veräußerte sie Ende 2005.
Zum 1. November 1995 hatte sie (erstmals) ein Gewerbe "Nageldesign, Vertrieb von Kosmetik und Modeschmuck" unter ihrer damaligen Wohnadresse in M1 angemeldet, das sie - betreffend das Nageldesign - nach eigenem Bekunden (vgl. die hierzu in den Gewinnermittlungen geltend gemachten Fahrtaufwendungen und das für 1996 vorgelegte Fahrtenbuch, Bl. 16 a ff. Bilanzakten) zunächst bei den Kunden vor Ort ausübte. Im August 1996 zeigte sie die Verlegung des Gewerbes nach D2 an. Dort meldete sie im September 1996 folgende Tätigkeiten an: "Schönheitspflege, Bodyforming- und Nagelstudio, Vertrieb von Kosmetik und Modeschmuck". Im August 1996 hatte sie eine Wohnung in der S-Straße Hausnummer, D2 zu einer Staffelmiete von monatlich zunächst 200,00 DM, ab dem 3. Vertragsjahr von 650,00 DM angemietet (Bl. 145 ff. Prozessakten) und im Oktober desselben Jahres eine Sonnenbank für (netto) rd. 33.500,00 DM, ein Bodyforming-Gerät für 4.300,00 DM sowie zwei Liegen für zusammen rd. 2.700,00 DM erworben und darüber hinaus ein oder mehrere weitere Geräte (oder Zubehör zu einem der Geräte) geleast.
Zeitgleich (Oktober 1996) hatte sie ein mit dem o.g. Grundstück abgesichertes Bankdarlehen über 110.000,00 DM aufgenommen (Bl. 140 ff. PA).
Die Räume in D2 gab die Klägerin im April 1998 wieder auf und meldete die Tätigkeit "Nageldesign, Bodyforming, Vertrieb von Kosmetik und Modeschmuck" (nunmehr zusammen mit dem seit Juli 1997 zusätzlich angemeldeten Einzelhandel mit Textilien) wieder auf ihre damalige Wohnadresse (M1) um.
In 1999 veräußerte sie die Sonnenbank.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1998 hatte sie hierzu ausgeführt, nachdem die Renovierungskosten für die Räume in D2 sich auf 15.000,00 DM belaufen hätten, sich das Studio im ländlichen Bereich aber nicht habe etablieren können, habe sie es aufgegeben. Die Geräte seien, da (bis zum damaligen Zeitpunkt) nicht veräußerbar, eingelagert worden. Der Leasingvertrag werde voraussichtlich im August 1999 aufgelöst werden. Sie suche zur Zeit in M1 geeignete Räume, um neben dem weitergeführten Fingernageldesign auch wieder die noch vorhandenen Geräte einsetzen zu können.
In der Zeit ab 1999 absolvierte die Klägerin Ausbildungen zum Qi Gong-Lehrer, zum Heilpraktiker und Feng Shui-Berater, Schulungen in traditioneller tibetischer Medizin und buddhistische Studien. Wegen der von ihr im Anschluss daran ausgeübten Aktivitäten wird auf die von ihr vorgelegte Auflistung, Bl. 110 und 111 PA, Bezug genommen.
Im August 2002 meldete sie der Gemeinde M1 die Neuausübung eines Facheinzelhandels (Vertrieb von Gesundheits- und Wellnessartikeln) sowie von Feng Shui, Qi Gong und Reiki an und teilte mit, die Tätigkeiten Nageldesign und Einzelhandel mit Textilien würden weiterhin betrieben.
Zum 01. Februar 2003 zeigte sie den Betrieb "Gesundheit und Wellness, Feng Shui, Qi Gong, Beratung, Seminar und Verkauf" in neu angemieteten Räumen in M3 an.
In 1995, dem Jahr des Beginns mit der Ausübung selbständiger Tätigkeiten, erwirtschaftete die Klägerin gem. der ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzung einen Verlust von 7.414,00 DM. In den Veranlagungszeiträumen ab 1996 erzielte sie laut ihren im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolg...