Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abgrenzung zwischen Dienstreisen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn ein Filialleiter einer Bank auf dem Weg von seiner Wohnung zur Filiale und von der Filiale nach Hause aus beruflichem Anlass regelmäßig die Hauptstelle aufsucht
Leitsatz (redaktionell)
Bei den Fahrten eines Filialleiters einer Bank zwischen der Hauptstelle und der Filiale handelt es sich um Aufwendungen für Wege zwischen mehreren regelmäßigen Arbeitsstätten, die in Höhe der nachgewiesenen Kosten berücksichtigt werden können.
Die Fahrten zwischen den beiden Betriebsstätten des Arbeitgebers unterliegen nicht der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift endet, sobald der Arbeitnehmer die erste feste Arbeitsstätte erreicht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Tatbestand
Strittig ist, ob ein Filialleiter einer Bank Dienstreisen oder Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unternimmt, wenn er bei seinen arbeitstäglichen Fahrten zwischen Wohnung und Filiale aus beruflichem Anlass die Hauptstelle regelmäßig vorher und nachher aufsucht.
Der Kläger ist bei der Kreissparkasse ... nichtselbständig beschäftigt. Die Hauptstelle der Kreissparkasse befindet sich ... . Im Streitjahr 1998 war der Kläger Leiter der Filiale in ... . Von der Wohnung des Klägers ist die Hauptstelle 5 km entfernt; die Entfernung zwischen der Hauptstelle und der Filiale in ... beträgt 29 km.
Zum Dienstort des Klägers laut Arbeitsvertrag und zu seinen Dienstgeschäften in der Hauptstelle befragt, machte der Arbeitgeber in seiner Bescheinigung vom 27. März 2000 (Bl. 28/29 PA) folgende Angaben:
„Der Dienstort unserer Mitarbeiter im Geschäftstellendienst ist die Hauptstelle in ... . Dies wird allerdings nicht schriftlich in den Arbeitsverträgen fixiert. ...
Unter Dienstgeschäfte fallen z. B. Geldversorgung der Geschäftsstelle, Sortenbestellungen von Kunden, Transport der Kontoauszüge für Kunden, Transport des Buchungsgutes der Geschäftsstelle, Wertpapiertransporte und der Transport von Informationsschriften (Kopien interner und externer Rundschreiben für die tägliche Arbeit bei der Geschäftsstelle); mittags und abends möglicherweise Rücksprachen wegen Kreditengagements, Wertpapiergeschäften etc. in einzelnen Fachabteilungen.
Über den Umfang und die Dauer dieser Dienstgeschäfte lassen sich leider von unserer Seite aus keine Angaben machen. Hierzu fehlen die entsprechenden Untersuchungen.
Im Regelfall wird die Hauptstelle täglich morgens und abends aufgesucht.
Die Arbeitszeit gestaltet sich wie folgt: |
- Mo, Di, Fr |
7.50 Uhr bis 16.30 Uhr |
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- Mi |
7.50 Uhr bis 16.00 Uhr |
|
- Do |
7.50 Uhr bis 18.20 Uhr |
Sowohl morgens, als auch abends können der Besuch der Hauptstelle, sowie die Fahrten von und zur Geschäftsstelle auch außerhalb der genannten Zeiten liegen.
Ein eigenes Büro steht nicht zur Verfügung, bei den Geschäftsstelle gibt es lediglich Beratungszimmer. ...“
Zur Erledigung dieser Dienstgeschäfte fuhr der Kläger mit dem privateigenen PKW regelmäßig täglich morgens von seiner Wohnung zunächst zur 5 km entfernten Hauptstelle und anschließend weiter zur 29 km entfernten Zweigstelle in ...; abends nahm er den gleichen Weg wieder zurück.
Nach dem in Kopie vorgelegten Fahrtenbuch (Bl. 68 - 98 ESt-A) verließ der Kläger die Hauptstelle überwiegend um 7.00 Uhr. An 235 Tagen fuhr er morgens und abends sowie an 23 Tagen während der Dienstzeit mit seinem privateigenen PKW zwischen der Hauptstelle und der Filiale. Des weiteren legte er am 30. November 1998 aus dienstlichen Gründen 16 km nach ... zurück. Die gesamte Fahrleistung im Interesse des Dienstherrn belief sich in 1998 auf 14.980 km. Der Arbeitgeber rechnete die Fahrten von und zur Hauptstelle gemäß den Bestimmungen des Landesreisekostengesetzes ab. Pro gefahrenen Kilometer erstattete er für die ersten 10.000 km 0,52 DM und für die restlichen 4.980 km 0,38 DM; der gewährte Reisekostenersatz betrug insgesamt 7.092,40 DM (= 10.000 km x 0,52 DM + 4.980 km x 0,38 DM; Bl. 25 ESt-A).
In der Einkommensteuererklärung 1998 vom 3. März 1999 machte der Kläger für die im Interesse des Dienstherrn gefahrenen 14.980 km die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten abzüglich der Erstattung durch den Arbeitgeber als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Ausgehend von einem Kilometersatz von 2,22 DM errechnete er einen die Kostenerstattung des Arbeitgebers übersteigenden Fahrtkostenaufwand von 26.163,20 DM (Bl. 17 ESt-A). Daneben setzte er die Fahrten zur Hauptstelle an 235 Tagen als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von 416 DM, Fortbildungskosten in Höhe von 5.788 DM sowie 2.577 DM Unfallkosten als weitere Werbungskosten an (Bl. 8 ESt-A).
Im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 8. April 1999 (Bl. 35 ff ESt-A) gewährte der Beklagte an Werbungskosten demgegenüber insgesamt nur 2.693 DM und zwar 416 DM Gewerkschaftsbeiträge und 2.277 DM Fortbildungskosten. Außerdem erhöhte er den Brutto-Arbeitslohn um 2.321 DM, da die vom Arbeitge...