Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1987
Tenor
I. Der Einkommensteuerbescheid für 1987 vom 10. Juni 1988 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 1990 werden geändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuer für 1987 unter Abzug von Werbungskosten in Höhe von 960,– DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit neu festzusetzen.
II. Die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Beteiligten streiten über den Werbungskostenabzug für Mitgliedsbeiträge an den Wirtschaftsrat der CDU e.V. (Wirtschaftsrat).
Der Kläger ist Geschäftsführer sowohl der … GmbH als auch der … GmbH, beide in …. Im Streitjahr 1987 erzielte er aus der erstgenannten Tätigkeit einen Bruttoarbeitslohn von 625.300,– DM, aus der letztgenannten von 487.500,– DM. Der Kläger ist außerdem Beiratsmitglied bei der …. Die hieraus resultierenden Einkünfte betragen jährlich 6.000,– DM.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1987 machte er den Mitgliedsbeitrag an den Wirtschaftsrat in Höhe von 960,– DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Bei dem Wirtschaftsrat handelt es sich Laut Satzung vom 10. März 1983 (Blatt 13 ff Prozeßakte) um einen „Zusammenschluß von Unternehmern und unternehmerisch Tätigen; er hat die Rufgabe, Berufs- und Standesinteressen wahrzunehmen und zu koordinieren und zu diesem Zweck an der Verwirklichung und Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft mitzuarbeiten” (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Nach § 2 Abs. 2 der Satzung (auszugsweise) dienen dem Vereinszweck insbesondere die „Durchführung und Forderung von Maßnahmen zur Unterstützung des freiheitlichen, sozialverpflichteten Unternehmertums auf der Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft, Zusammenarbeit mit den Parlamenten, Behörden, Verbänden und sonstigen Institutionen in allen berufsständischen, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Belangen, Beratung wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Fachgremien” und „Durchführung von Veranstaltungen, Seminaren, Arbeitskreisen, über berufsständische, wirtschafts- und gesellschaftspolitische Fragen”. Ordentliches Mitglied des Wirtschaftsrats kann jeder selbständige oder beauftragte Unternehmer oder unternehmerisch Tätige, jedes Unternehmen und jeder unternehmerische Verband sein. In beschränkter Zahl können auch Nichtunternehmer als ordentliche Mitglieder aufgenommen werden (§ 3 Abs. 1 der Satzung). Das Präsidium des Wirtschaftsrats hat bei seiner Rufnahmeentscheidung darauf zu achten, daß der Charakter des Vereins als berufsständische Unternehmerorganisation gewahrt bleibt (§ 5 Abs. 2 der Satzung).
Das Finanzamt erkannte den von dem Kläger geleisteten Mitgliedsbeitrag von 960,– DM nicht als Werbungskosten an (Einkommensteuerbescheid 1987 vom 10. Juni 1988, Blatt 209; Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 1990, Blatt 228, jeweils ESt-Akte).
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger die Anerkennung des Beitrags als Werbungskosten weiter. Er hat dies zunächst damit begründet, daß er „beauftragter Unternehmer” im Sinne des § 3 Abs. 1 der Satzung sei und in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer unternehmerische Entscheidungen treffe, die im wesentlichen weisungsfrei vom Aufsichtsrat oder Beschlüssen der Gesellschafterversammlung seien. Das gesetzliche Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung werde mehr oder weniger theoretisch oder nur sehr selten ausgeübt. Hinsichtlich seines Aufgabenbereichs bei der Fa. … GmbH hat der Kläger auf die eingereichte Stellenbeschreibung (Blatt 23–25 Prozeßakte) verwiesen.
Nachdem der BFH das der Klage stattgebende Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. März 1992 – damaliges Aktenzeichen: 1 K 1019/91 – aufgehoben und an das Finanzgericht zurückverwiesen hat (BFH-Urteil vom 13. August 1993 – VI R 51/92; Blatt 87 Prozeßakte; Bundessteuerblatt II 1994, 33) macht der Kläger unter Vorlage des Jahresberichts 1987 (Beilage Prozeßakte), des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1987 (Blatt 115 Prozeßakte), der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung (Blatt 119 Prozeßakte), des Betriebsprüfungsberichts des Finanzamts für Großbetriebsprüfung … vom 8. Mai 1992 (Blatt 131 Prozeßakte) sowie von Auszügen aus den Jahresberichten 1970, 1972, 1985 und 1986 (Blatt 137 ff Prozeßakte) das Vorliegen der im vorgenannten BFH-Urteil aufgezeigten Voraussetzungen für den erstrebten Werbungskostenabzug geltend. Der Wirtschaftsrat sei ein Berufsverband im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 EStG. Wie sich aus dem Jahresabschluß ergebe, seien politische Parteien, insbesondere die CDU, weder durch Geld- noch durch Sachzuwendungen unterstützt worden. Ruch die Finanzverwaltung sei nach intensiver Außenprüfung für die Jahre 1986 bis 1988 – wie der Betriebsprüfungsbericht zeige – zu dem...