Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch nach abgeschlossener Erstausbildung
Leitsatz (amtlich)
Absolviert ein Kind neben einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nach abgeschlossener Erstausbildung noch ein Teilzeitstudium führt dies gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 EStG n. F. (BGBl I 2011, S. 2131) dazu, dass der Kindergeldanspruch entfällt.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2 u. 3
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin nach § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 EStG i. d. F. des Steuervereinfachungsgesetzes vom 1. November 2011 (BGBl I, 2131) ab Januar 2012 für ihren Sohn noch anspruchsberechtigt ist.
Die Klägerin war für ihren am 9. Januar 1989 geborenen Sohn P bis Ende Dezember 2011 kindergeldberechtigt. Am 25. Juni 2008 legte P bei der IHK erfolgreich die Prüfung zum Bauzeichner im Schwerpunktbereich "Tief-, Straßen- und Landschaftsbau" ab (K-Akte, Bl.10). Seine Ausbildungsfirma, die A GmbH mit Sitz in D übernahm ihn ab dem 1. Juli 2008 als angestellten Bauzeichner.
Im Februar 2009 bewarb sich P am ...-Technikum um einen Studienplatz im Fachbereich Bautechnik/Tiefbau zum staatlich geprüften Techniker. Am 16. März 2009 erhielt er die Zusage, dass seine Bewerbung in der Unterrichtsform Teilzeitunterricht erfolgreich gewesen sei (K-Akte, Bl.6). Die Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker konnte gemäß der im Jahr 2009 geltenden Prüfungsordnung in zweijährigem Vollzeitunterricht (mindestens 2400 Unterrichtsstunden) oder in vierjähriger Teilzeitform mit mindestens 1920 Unterrichtsstunden besucht werden. Die Gesamtqualifikation erreichte, wer alle Lernmodule des Schwerpunktes erfolgreich abschloss, wobei für jedes Lernmodul nach erfolgter Leistungsfeststellung ein Zertifikat erstellt wurde. Aufnahmevoraussetzung waren der Abschluss der Berufsschule sowie eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und anschließend eine mindestens einjährige einschlägige Berufstätigkeit oder der Abschuss der Berufsschule und eine mindestens fünfjährige einschlägige Berufstätigkeit (FG-Akte, Bl.103).
Ab August 2009 studierte P neben seiner beruflichen Tätigkeit am ...-Technikum im Schwerpunktbereich Tiefbau. Im Juli 2013 beendete P sein Studium mit Erfolg.
Der Geschäftsführer der A GmbH, Herr A., erklärte auf Ersuchen der Klägerin hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses ihres Sohnes am 14. Januar 2014, dass "es sich entsprechend mündlicher Vereinbarung und den darauf abgestimmten Lohn-/Gehaltsabrechnungen und Sozialversicherungsleistungen um eine volle Stelle handelte, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Betriebliche "Leerlaufzeiten" im ersten Halbjahr 2012 nutzte Herr B. (=P) mit Zustimmung des Büros zu einer Intensivierung seiner Techniker-Ausbildung und Vertiefung seiner praktischen Erfahrung, mit Nutzungen und Unterstützungen wie vor umrissen, was zeitweise dem Ablauf und der Situation wie bei einer berufsbegleitenden dualen Ausbildung glich und dabei "unterm Strich" zu einer ausschließlich dem Betrieb zu Gute kommenden Tätigkeit von dabei nur noch ca. 20 Stunden/Woche führte" (FG-Akte, Bl.134).
Zu letzterer Ausführung erklärte Herr A., der Arbeitgeber des Sohnes des Klägers, auf fernmündliche Nachfrage des Gerichts am 23. Januar 2014, dass P als Arbeitnehmer "rein formal" gleichwohl auch in der ersten Hälfte des Jahres 2012 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden hatte (FG-Akte, Bl.137). Aufgrund nachlassender Auftragslage kündigte die A GmbH zum 30. Juni 2012 das Beschäftigungsverhältnis mit P (KK-Akte, Bl.106). Ab August 2012 war P nach Angaben der Klägerin bei einem anderen Arbeitgeber mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden beschäftigt (FG-Akte, Bl.133).
Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 wies die Beklagte darauf hin, dass für den Zeitraum Januar bis März 2012 möglicherweise kein Anspruch auf Kindergeld bestanden habe und dass das gewährte Kindergeld von Januar bis März 2012 in Höhe von 552,- € ggf. zu erstatten sei. Sie gab der Klägerin binnen zwei Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme (K-Akte, Bl.109). Die Klägerin erklärte hierzu, dass P eine Aufstiegsfortbildung zum Techniker absolviere, die im Jahr 2013 beendet werde. Es handele sich um ein Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung und sei einer "schädlichen" Erwerbstätigkeit nicht gleichzustellen (K-Akte, Bl.110).
Mit Kindergeldbescheid vom 30. Juni 2012 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für P gemäß § 70 Abs. 2 EStG ab Januar 2012 auf und führte aus, dass die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht erfüllt seien. P habe seine erste Berufsausbildung im Jahr 2008 abgeschlossen und befinde sich aktuell in einer weiteren Berufsausbildung (berufsbegleitendes Studium). Da P daneben einer Erwerbstätigkeit nachgehe, könne er gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 und S. 3 EStG nicht mehr berücksichtigt werden. Hierbei würden nur Erwerbstätigkeiten mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, Ausbildungsdienstve...