Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung (Verletzung des Steuergeheimnisses)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Der verheiratete Kläger war bis 1994 in Deutschland als Zahnarzt tätig.

1994 hat er seine Zahnarztpraxis veräußert und ist am 14. Februar 1994 nach Kanada ausgewandert.

Die Steuerforderungen, die die Finanzverwaltung für die Zeit bis zum Wegzug des Klägers noch geltend macht, belaufen sich lt. Angaben des Beklagten auf über 950.000,– DM.

Da Vollstreckungsmaßnahmen in der Vergangenheit erfolglos geblieben waren und mit Kanada kein Rechtshilfeabkommen besteht, entschloß sich der Beklagte gegen den Kläger ein Paßentzugsverfahren gemäß §§ 8, 7 Abs. 1 Nr. 4 Paßgesetz (PaßG) einzuleiten.

Mit inhaltsgleichen Schreiben vom 20. Juni 1996 an die Verbandsgemeinde … – dort hatte der Kläger bis zu seinem Wegzug gewohnt – und an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ottawa/Kanada, jeweils als Paßbehörde, stellte der Beklagte einen Antrag auf Paßentzug gemäß § 8 PaßG.

Zur Begründung führte der Beklagte in den Schreiben aus, daß der Kläger dem Land Rheinland-Pfalz Abgaben in Höhe von insgesamt 952.640,27 DM schulde und er zahlreiche inländische Vermögenswerte liquidiert habe (vgl. Bl. 29 und 32 Prozeßakte).

Nach umfangreichem Schriftwechsel mit den Finanzbehörden erhob der Kläger am 14. Mai 1997 wegen Verletzung des Steuergeheimnisses Feststellungsklage.

Er ist der Ansicht, daß der Beklagte mit den Schreiben an die Gemeinde … und die Deutsche Botschaft in Ottawa das durch § 30 AO geschützte Steuergeheimnis verletzt habe.

Zum einen habe der Beklagte zwei Behörden gegenüber die steuerlichen Verhältnisse des Klägers offenbart. Daraus folge bereits, daß eine dieser Maßnahmen grundsätzlich an eine unzuständige Behörde gegangen sei. Die Zuständigkeiten für Maßnahmen im Rahmen des Paßgesetzes seien in § 19 PaßG geregelt. Eine Offenbarung an eine unzuständige Behörde sei aber keine Maßnahme, die nach § 30 Abs. 4 AO zulässig werden könnte. Der Kläger gehe davon aus, daß die unzuständige Behörde die Gemeinde … gewesen sei.

Zudem sei auch eine Offenbarung gegenüber der Deutschen Botschaft in Ottawa nicht zulässig gewesen. Eine Offenbarung käme allenfalls nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO für die Durchführung eines steuerlichen Verfahrens in Betracht. Die Paßbehörde betreibe aber kein steuerliches Verfahren. Das Paßverfahren sei auch nicht Teil eines steuerlichen Vollstreckungsverfahrens, da es nicht in den §§ 249 ff AO erwähnt oder geregelt sei.

Eine Offenbarung sei auch nicht ausdrücklich durch Gesetz zugelassen, insbesondere nicht im Rahmen des Paßgesetzes. Auch ansonsten sei keine Offenbarung zugelassen. Dia Argumentation des Beklagten, möglicherweise liefe die Regelung nach § 7 PaßG ins Leere, könne im Ergebnis aber nicht davon befreien, das Steuergeheimnis zu wahren. Im übrigen würde auch das Paßgesetz insoweit nicht leer laufen, da die Paßbehörde auch ohne Verletzung des Steuergeheimnisses von Steuerschulden erfahren könne, z.B., wenn das Finanzamt den üblichen Weg wähle, nämlich eine eidesstattliche Versicherung einhole und die Paßbehörde dann über das Schuldnerregister beim zuständigen Amtsgericht von den Steuerschulden erfahre.

Darüber hinaus vertritt der Kläger die Auffassung, daß eine Offenbarung des Steuergeheimnisses nur dann rechtmäßig sein könne, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen zur Offenbarung ordentlich subsumiert worden seien. Dies sei nicht der Fall. Der Beklagte habe in seiner Vorlage an die Oberfinanzdirektion … vom 23. November 1995 zunächst argumentiert, daß er die Voraussetzungen für ein Paßentzugsverfahren für nicht erfüllt halte, da ein Steuerfluchtwille nicht nachweisbar sei. Als der Beklagte dann trotzdem ein Paßentzugsverfahren eingeleitet habe, habe er trotz seiner Auffassung plötzlich angenommen, es sei ein Steuerfluchtwille gegeben.

Der Kläger ist der Auffassung, daß das schlichte Nichtzahlen von Steuern keinen Steuerfluchtwillen indizieren könne. Als er Deutschland verlassen habe und nach Kanada ausgewandert sei, habe er Steuerschulden gehabt, die allerdings im wesentlichen von der Vollziehung ausgesetzt gewesen seien. Als er dann Deutschland verlassen hatte, habe sich ergeben, daß mit Kanada kein Rechtshilfeabkommen bestanden habe. Aus diesem Grunde seien die Aussetzungen widerrufen worden. Dies habe der Kläger allerdings nicht gewußt, so daß beim Verlassen Deutschlands kein Steuerfluchtwille vorgelegen habe. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf den Beschluß des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juli 1995 (5 V 1650/95). Mit diesem Beschluß sei Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheit gewährt worden. Der Kläger habe die Sicherheitsleistung nicht erbringen können, so daß im Ergebnis seine Steuerschulden fällig geworden seien.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte unter Verstoß gegen die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses rechtswidrig handelte, als er zur Einleitung eines Paßentzugsverfahrens der Gem...

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