In seinem Urteil beschränkt sich der EuGH auf die Beantwortung der ersten Vorlagefrage.

So stellte der BFH die Frage, ob die unionsrechtlichen Regelungen den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates, die den Abzug finaler ausländischer Betriebsstättenverluste verwehren, auch dann entgegenstehen, wenn die Gewinne und Verluste der ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines DBA im anderen Staat freizustellen sind.

EuGH = kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit: Insoweit kommt der EuGH – wie zuvor auch der Generalanwalt Collins in seinen Schlussanträgen vom 10.3.2022[19] – zu dem Ergebnis, dass kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vorliege. Da Deutschland i.R.d. DBA auf sein Besteuerungsrecht hinsichtlich der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte verzichtet habe, befinde sich

  • eine in Deutschland ansässige Gesellschaft mit ausländischer Betriebsstätte

nicht in einer vergleichbaren Situation

  • wie eine in Deutschland ansässige Gesellschaft mit einer inländischen Betriebsstätte.

Ein möglicher Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit scheitere laut EuGH an der Vergleichbarkeitsprüfung.

Anders verhalte es sich, wenn das nationale Steuerrecht selbst die in- und ausländischen Betriebsstätten für die Berücksichtigung der von ihnen erzielten Verluste und Gewinne gleichstellt.[20]

Bisherige Rechtsprechung in der Rs. Bevola wird nicht in Frage gestellt: Des Weiteren stellt der EuGH klar, dass die bisherige Rechtsprechung in der Rs. Bevola durch dieses Ergebnis nicht in Frage gestellt werde. Eine Vergleichbarkeit sei hier gegeben gewesen, da der Verzicht auf die Befugnis zur Besteuerung nicht auf einem DBA, sondern auf nationaler Gesetzgebung des Ansässigkeitsstaates basierte. Die abweichende Befugnis nach dem einschlägigen DBA, die Gewinne und Verluste gebietsfremder Betriebsstätten bei der gebietsansässigen Gesellschaft nicht zu berücksichtigen, hatte daher keinen Einfluss.[21]

Aufgrund Verneinung der ersten Vorlagefrage bedurfte es keiner Beantwortung der weiteren Vorlagefragen durch den EuGH.[22]

[19] EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Collins v. 10.3.2022 in der Rechtssache C-538/20, W.
[20] EuGH v. 22.9.2022 – C-538/20 – W, ISR 2022, 417 = FR 2022, 989 Rz. 21.
[21] EuGH v. 22.9.2022 – C-538/20 – W, ISR 2022, 417 = FR 2022, 989 Rz. 23 ff.
[22] EuGH v. 22.9.2022 – C-538/20 – W, ISR 2022, 417 = FR 2022, 989 Rz. 30.

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