Die Finanzierungsregeln gehen von einem bestimmten Kapitalbedarf aus und stellen aufbauend auf dem Kapitalbedarf Grundsätze auf, welche Finanzierungsmittel zur Deckung des Kapitalbedarfs ausgewählt werden sollten. Dabei nehmen die Finanzierungsregeln nicht Bezug auf die Höhe, sondern vielmehr auf die Struktur des Kapitalbedarfs. Die Zusammensetzung des Kapitalbedarfs ergibt sich im Wesentlichen aus der Zusammensetzung des Vermögens, die insbesondere vom Betriebszweck des Unternehmens beeinflusst wird.
Die Finanzierungsregeln stellen Bilanzkennziffern dar, die i.d.R. in Form von Verhältniskennzahlen ausgedrückt werden. Hierbei wird entweder eine Passiv-Position (z.B. Eigenkapital) der Bilanz zu einer Aktiv-Position (z.B. Anlagevermögen) ins Verhältnis gesetzt oder ein Quotient aus zwei Passiv-Größen gebildet. Demnach lassen sich je nach der Art der gebildeten Bilanzkennzahlen zwei Formen von Finanzierungsregeln unterscheiden:
- horizontale Finanzierungsregeln,
- vertikale Finanzierungsregeln.
Horizontale Finanzierungsregeln
Die horizontalen Finanzierungsregeln werden auch als horizontale Kapital-Vermögensstrukturregeln oder als horizontale Kapitalstrukturnormen bezeichnet. Horizontale Finanzierungsregeln setzen Passiv-Größen zu Aktiv-Größen ins Verhältnis und verbinden somit die Kapitalbeschaffung mit der Kapitalverwendung. Zu den bedeutendsten horizontalen Finanzierungsregeln zählen die "Goldene Finanzierungsregel", die auch als "Goldene Bankregel" bezeichnet wird, und die "Goldene Bilanzregel". Die Goldene Bilanzregel liegt in einer engeren Fassung (Goldene Bilanzregel i. e. S.) und einer weiteren Fassung (Goldene Bilanzregel i. w. S.) vor. Implizit beruhen diese Finanzierungsregeln auf dem Gedanken der fristenkongruenten Finanzierung. Das Prinzip der fristenkongruenten Finanzierung beinhaltet die Vorstellung, dass Vermögensteile (bis zur Wiedergeldwerdung) und Kapitalteile (bis zum Abzug durch die Geldgeber) sich in ihrer zeitlichen Bindung im Unternehmen entsprechen sollten. Dadurch können die Ansprüche der Kapitalgeber mit finanziellen Mitteln, die aus der „Liquidation” der Vermögensteile i.d.R. über den Umsatzprozess stammen, befriedigt werden, wodurch sichergestellt sein soll, dass das Unternehmen nicht in Liquiditätsschwierigkeiten gerät.
Vertikale Finanzierungsregeln
Neben den horizontalen Finanzierungsregeln existieren weiterhin die vertikalen Finanzierungsregeln. Bei den vertikalen Finanzierungsregeln werden Größen der Passiv-Seite der Bilanz zueinander ins Verhältnis gesetzt, sie beziehen sich demnach lediglich auf die Gestaltung der Kapitalstruktur. Die vertikalen Finanzierungsregeln interessieren sich folglich auch nicht für die Kapitalverwendung. Zu den vertikalen Finanzierungsregeln werden im Wesentlichen die Eigenkapitalquote, die Fremdkapitalquote, der Verschuldungsgrad sowie der Verschuldungskoeffizient gezählt. Abbildung 1 fasst die verschiedenen Arten von Finanzierungsregeln und deren Ausprägungen zusammen.
Abb. 1: Finanzierungsregeln und ihre Ausprägungen