Rz. 341
Nach § 202 Abs. 1 S. 1 BewG ist zur Ermittlung des Betriebsergebnisses von dem Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auszugehen. Die früher in R 99 Abs. 1 S. 4 ErbStR 2003 vorgesehene Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen i. S. d. §§ 7 und 8 KStG kommt nach neuem Recht nicht mehr in Betracht, weil Einzelunternehmen und Personengesellschaften anders als Kapitalgesellschaften kein zu versteuerndes Einkommen haben.
Rz. 342
Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ist der unter Berücksichtigung der steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften ermittelte Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Die Anknüpfung an das Steuerbilanzergebnis hat zur Folge, dass außerhalb der Bilanz vorzunehmende Korrekturen – z. B. wegen der Steuerfreiheit bestimmter Einnahmen oder der nach § 4 Abs. 1 S. 8 EStG zu berücksichtigenden Einschränkungen des Betriebsausgabenabzugs – die Ausgangsgröße nicht berühren. Unabhängig von ihrer ertragsteuerlichen Behandlung beeinflussen sie den zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Ertrag und müssen deshalb im Rahmen der Ertragswertermittlung erfasst werden. Maßgeblich für die Ermittlung des Betriebsergebnisses ist die zutreffende, nicht die tatsächliche ertragsteuerrechtliche Behandlung.
Rz. 343
Die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Ableitung des Jahresertrags ist in der Lit. auf Kritik gestoßen. Nach Ansicht von Rohde/Gemeinhardt steht sie im Widerspruch zu den anerkannten Grundsätzen der Unternehmensbewertung. Schulte befürchtet, dass sich die im Ertragsteuerrecht zu beobachtende Tendenz, Aufwendungen unter Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips in Gewinn umzuwandeln, im Erbschaftsteuerrecht vollen Umfangs fortsetzt.
U.E. ist die Anknüpfung an das Steuerbilanzergebnis im Hinblick auf den mit den §§ 199–203 BewG verfolgten Vereinfachungszweck vertretbar. Abweichungen gegenüber dem Handelsbilanzergebnis ergeben sich allein aus den steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften, z. B. aus dem Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen gem. § 5 Abs. 4a EStG oder den Vorschriften über die Bemessung von Pensionsrückstellungen gem. § 6a EStG. Außerhalb der Bilanz vorzunehmende Korrekturen – die Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben und der Abzug steuerfreier Einnahmen – wirken sich hingegen nicht auf die in § 202 Abs. 1 S. 1 BewG genannte Ausgangsgröße aus.