Rz. 576
Im Vergleich zu der Bedarfsbewertung nach dem bis zum 31.12.2008 geltenden Recht führen die neuen Bewertungsverfahren im Durchschnitt zu deutlich höheren Werten. Eine unter Auswertung der Kaufpreissammlungen des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte Niedersachsen für die Jahre 1996–2006 durchgeführte Untersuchung, bei der der durch Mikrosimulation ermittelte Steuerwert zu dem in den Kaufpreissammlungen angegebenen Kaufpreis ins Verhältnis gesetzt wurde, hat ergeben, dass die Verkehrswerte bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie bei Mietwohngrundstücken im Durchschnitt sogar überschritten werden. Der sog. Variationskoeffizient, der die mittlere Abweichung der Steuer-/Verkehrswertrelation von dem durchschnittlichen Steuer-/Verkehrswertverhältnis angibt, geht im Vergleich zu dem bisher geltenden Recht zwar etwas zurück, bleibt aber nach wie vor erheblich. Im Einzelnen ergeben sich folgende Relationen:
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Bisheriges Recht |
Neues Recht |
|
Mittelwert |
Variationskoeeffizient |
Mittelwert |
Variationskoeeffizient |
Ein- und Zweifamilienhäuser |
68 % |
45 % |
104 % |
33 % |
Mietwohngrundstücke |
87 % |
38 % |
109 % |
37 % |
Quelle: Broekelschen/Maiterth, FR 2008, 698, 708, Tabelle 1
In weniger als 60 % aller untersuchten Fälle hielten sich die nach den neuen Bewertungsverfahren ermittelten Werte in einer Bandbreite von +/- 20 % um den Verkehrswert.
Damit sich die vereinfachte Grundstücksbewertung für den Stpfl. nicht nachteilig auswirkt, hat dieser nach § 198 S. 1 BewG die Möglichkeit nachzuweisen, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger als der nach den §§ 179, 182–196 BewG ermittelte Wert ist.
Rz. 577
Nach § 198 S. 2 BewG gelten für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts grundsätzlich die aufgrund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften. Dies waren bis zum 30.6.2010 die WertV und die WertR 2006. Mit Wirkung vom 1.7.2010 ist an die Stelle der WertV die ImmoWertV vom 19.5.2010 getreten, die ihrerseits mit Wirkung vom 1.1.2022 durch die ImmoWertV vom 14.7.2021 ersetzt wurde.
Folgende Abweichungen von den Vorschriften des BewG sind hervorzuheben.
- Die ImmoWertV sieht für die Bewertung bebauter Grundstücke grundsätzlich zwar die gleichen Bewertungsmethoden wie das BewG, nämlich das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren, vor. Anders als nach dem BewG besteht nach § 6 Abs. 1 S. 2 ImmoWertV aber grundsätzlich ein Methodenwahlrecht, das unter Berücksichtigung der Art des Wertermittlungsobjekts, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblichen Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, auszuüben ist. Dieser Methodenpluralismus eröffnet Spielräume, die bei der Bewertung nach dem BewG nicht bestehen, und kann Überbewertungen vermeiden, die insbesondere bei Anwendung des Vergleichswert- und des Sachwertverfahrens drohen.
- Neben dem allgemeinen Ertragswertverfahren, das im Wesentlichen dem Ertragswertverfahren nach §§ 184 ff. BewG entspricht, sieht die ImmoWertV ein vereinfachtes Ertragswertverfahren und ein Ertragswertverfahren auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge – sog. DCF-Verfahren – vor.