Rz. 655
Der Vorab-Abschlag erfordert eine Beschränkung der Verfügung über die Gesellschaftsanteile auf bestimmte Personen. Eine Beschränkung des Stimmrechts wird dagegen (anders als bei Poolvereinbarungen, s. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG) nicht verlangt.
Rz. 656
Nach dem Gesetzeswortlaut muss die "Verfügung" über die Anteile beschränkt werden. Dies ist in mehrfacher Hinsicht zu weitgehend.
Rz. 657
Die Verfügung der Gesellschafter von Todes wegen kann nach deutschem Recht nicht wirksam beschränkt werden (§ 2302 BGB). Eine unzulässige Beschränkung der Testierfreiheit kann auch vom Gesetzgeber nicht verlangt werden.
Rz. 658
Der Begriff der "Verfügung" kann sich daher von vornherein nur auf Verfügungen zu Lebzeiten beziehen. Nach dem Normzweck soll mit der Verfügungsbeschränkung die Übertragung der Anteile auf familienfremde Gesellschafter verhindert werden. Dagegen sollen andere Formen der Verfügung (wie etwa die Verpfändung der Anteile, die Bestellung eines Nießbrauchs oder die Einräumung einer Unterbeteiligung) nicht erfasst werden (s. § 185 BGB). Ein Gesellschafter muss auch künftig die Möglichkeit haben, seine Gesellschaftsanteile als Kreditsicherheit an seine Bank zu verpfänden, ohne gegen die steuerlichen Verschonungsregelungen zu verstoßen. Richtigerweise ist der Begriff der Verfügung daher teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass er nur Anteilsübertragungen zu Lebzeiten umfasst.
Rz. 659
Bei deutschen Aktiengesellschaften können die Aktien grundsätzlich auf den Namen oder auf den Inhaber lauten (§ 10 AktG). Bei Namensaktien ist eine Vinkulierung möglich (§ 68 Abs. 2 AktG), nicht aber auch bei Inhaberaktien. Die Erwerber von Inhaberaktien können den Vorab-Abschlag somit niemals in Anspruch nehmen, da eine Verfügungsbeschränkung zivilrechtlich unzulässig ist. In der Praxis ist eine Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien in Betracht zu ziehen; dafür bedarf es einer Satzungsänderung (§ 23 Abs. 3 Nr. 5, § 179 ff. AktG).
Rz. 660
Die Verfügungsbeschränkung muss sich nur auf den Gesellschaftsanteil beziehen. Bei Personengesellschaften ist dies die "Beteiligung an der Personengesellschaft" (s. §§ 717, 719 BGB). Dies erfasst nur den zivilrechtlichen Anteil an der Personengesellschaft, nicht aber den steuerlichen Mitunternehmeranteil. Die Verfügungsbeschränkung muss sich somit nicht auf etwaiges Sonderbetriebsvermögen erstrecken. Die Verfügung über etwaige schuldrechtliche Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft (z. B. aus Darlehen) muss gleichfalls nicht beschränkt werden.
Rz. 661
In der Praxis wird die Verfügung über Gesellschaftsanteile vielfach von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder der anderen Gesellschafter abhängig gemacht. Mit solchen Vinkulierungsklauseln ist die Verfügungsbefugnis zwar wirksam beschränkt, allerdings bleibt offen, unter welchen Umständen eine Zustimmung erteilt werden kann bzw. muss. Aus steuerrechtlichen Gründen sollte der Gesellschaftsvertrag daher (vorsorglich) zusätzlich festlegen, dass die Zustimmung nur dann erteilt werden darf, wenn die Verfügung zugunsten von Mitgesellschaftern, Angehörigen oder Familienstiftungen erfolgt.
Rz. 662
Die (vor allem bei GmbH's) weit verbreiteten Vorkaufsrechte, Ankaufsrechte, Mitverkaufsrechte und -pflichten sind für sich genommen keine ausreichende Verfügungsbeschränkung im Sinne der Vorab-Abschlags-Regelung.
Rz. 663
Nach dem Gesetzeswortlaut muss die Verfügung über die "Beteiligung" (an der Personengesellschaft) oder den "Anteil" (an der Kapitalgesellschaft) beschränkt sein (§ 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Verfügung über die Gesellschaft selbst muss dagegen nicht beschränkt werden. Maßgebend sind allein die Anteile der Gesellschafter. Umwandlungen der Gesellschaft (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) werden somit nicht beschränkt. Entsprechendes gilt auch für Kapitalmaßnahmen der Gesellschaft.
Rz. 664–670
einstweilen frei