12.5.1 Regelungsort
Rz. 716
Die Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen müssen unmittelbar im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung geregelt werden (§ 13a Abs. 9 S. 1 Halbs. 1 ErbStG). Eine Regelung in einer sonstigen (schuldrechtlichen) Gesellschaftervereinbarung oder in einem (einfachen) Gesellschafterbeschluss ist insoweit nicht ausreichend. Die Beschränkungen wirken damit für und gegen alle Gesellschafter und gehen automatisch auch auf etwaige Rechtsnachfolger der Gesellschafter über. Eine rechtsgeschäftliche Weiterübertragungsklausel (sowie entsprechende Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung sind damit entbehrlich).
12.5.2 Zeitpunkt der Regelung
Rz. 717
Die Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag müssen im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer (§ 9 Abs. 1 ErbStG) seit mindestens 2 Jahren vereinbart worden sein. Bei Kapitalgesellschaften werden Änderungen des Gesellschaftsvertrags erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam (§ 54 GmbHG, § 181 AktG). Bei Personengesellschaften ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend. Eine rückwirkende Änderung des Gesellschaftsvertrags ist nicht möglich.
Rz. 718
Die Beschränkungen im Gesellschaftsvertrag müssen nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung noch mindestens 20 Jahre (weitgehend) unverändert bestehen bleiben. Änderungen sind dem FA innerhalb eines Monats anzuzeigen und können rückwirkend zu einer Nachversteuerung führen.
Rz. 719
In vielen Fällen wird der Erwerber, dem ein Vorab-Abschlag gewährt worden ist, die Einhaltung dieser Beschränkungen nicht (mehr) überwachen und kontrollieren können (z. B. ein Erwerber, der nach Ablauf der 7-jährigen Behaltefrist seinen Gesellschaftsanteil an einen Mitgesellschafter verkauft und aus der Gesellschaft ausscheidet). Gesellschaftsrechtlich dürfte es auch kaum möglich sein, etwaige Änderungen des Gesellschaftsvertrags von der Zustimmung von Personen abhängig zu machen, die nicht mehr Gesellschafter sind. In solchen Fällen sollten aber zumindest außerhalb des Gesellschaftsvertrags entsprechende vertragliche Vereinbarungen getroffen werden.
Rz. 720
Die Vereinbarungen sollten darüber hinaus durch Vertragsstrafen angemessen sanktioniert werden. Etwaige Schäden werden oftmals schwer zu ermitteln bzw. zu beweisen sein.
12.5.3 Wirksamkeit der Regelung
Rz. 721
Bei Gründung neuer Gesellschaften kann der Gesellschaftsvertrag von vornherein unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Vorgaben abgefasst werden. Dabei kann die (steuerliche) Motivation (z. B. in einer Präambel) durchaus auch deutlich zum Ausdruck gebracht werden (z. B. langfristige Sicherung des Fortbestands als Familienunternehmen); rechtlich notwendig ist dies aber nicht.
Rz. 722
Bestehende Gesellschaftsverträge sollten in jedem Fall daraufhin überprüft werden, ob sie den spezifischen Anforderungen des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts genügen. Vielfach wird dies nur im Grundsatz, nicht aber auch in allen Details der Fall sein. Etwaige Änderungen werden oftmals nicht ohne Weiteres möglich sein. Rechtlich ist für solche Änderungen des Gesellschaftsvertrags grundsätzlich Einstimmigkeit erforderlich (s. § 53 Abs. 3 GmbHG und § 180 AktG).
Rz. 723
Eine rückwirkende Änderung von Gesellschaftsverträgen ist nicht möglich. Bei Satzungen von Kapitalgesellschaften ist die Eintragung im Handelsregister konstitutiv (§ 54 Abs. 3 GmbHG und § 181 Abs. 3 AktG).
Rz. 724
Die weitgehenden Beschränkungen, die der Steuergesetzgeber jetzt vorgegeben hat, werden zudem keineswegs von allen Gesellschaftern immer gewollt sein. Jeder Gesellschafter muss dann im Einzelfall zwischen gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen und steuerlichen Vorteilen abwägen.
Rz. 725
Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags (unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben des § 13a Abs. 9 ErbStG) ist eine legale und legitime Gestaltung und kein Missbrauch (auch nicht i. S. v. § 42 AO). Ein Gesellschaftsvertrag ist keine Steuergestaltung (i. S. v. §§ 138d ff. AO). Ein steuerlicher Vorteil (i. S. v. § 138d Abs. 2 und 3 AO) ist damit nicht verbunden. Eine Mitteilungspflicht (i. S. v. § 138d Abs. 1 AO) besteht somit nicht.
12.5.4 Inhalt der Regelung
Rz. 726
Bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen für Zwecke des Vorab-Abschlags besteht auf absehbare Zeit keine Rechtssicherheit. In der Praxis empfiehlt sich daher (vorsorglich) eine enge Orientierung am Gesetzeswortlaut.
Rz. 727–730
einstweilen frei