Rz. 310

Das Altersversorgungsvermögen wird im Gesetz umschrieben als die "Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind".[1]

 

Rz. 311

Der Begriff des Altersversorgungsvermögens ist nicht auf Wertpapiere beschränkt, sondern umfasst alle (deckungsfähigen) Finanz- und Sachwerte (einschl. Grundstücke und Beteiligungen an Unternehmen).

 

Rz. 312

Mit den "Altersversorgungsverpflichtungen" sind die Leistungen der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung gemeint, die aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses bestehen.[2] Nicht erfasst sind dagegen "vergleichbare langfristige Verpflichtungen".[3] Im Schrifttum wird die Einbeziehung von vergleichbaren langfristigen Verpflichtungen (z. B. aufgrund von Altersteilzeit oder Lebensarbeitszeitmodellen) unter Hinweis auf den Normzweck befürwortet.[4]

Gläubiger des Anspruchs muss nicht zwingend ein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sein. Die Regelung gilt für Verpflichtungen gegenüber allen Mitarbeitern (einschl. freien Mitarbeitern), Organmitgliedern der Gesellschaft, Aufsichtsräten und Beiräten. Einschränkungen für Familienangehörige oder Gesellschafter sind nicht vorgesehen.

 

Rz. 313

Die Ausklammerung aus dem Verwaltungsvermögen setzt keine Absicherung durch ein Treuhandverhältnis voraus.[5] Eine solche Form der Absicherung ist zwar möglich, aber nicht zwingend erforderlich.[6]

 

Rz. 314

Das Altersversorgungsvermögen ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten.[7] Der gemeine Wert am Stichtag der Steuerentstehung ist grundsätzlich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln. Die Erstellung eines Sachverständigengutachtens ist aber nicht in allen Fällen zwingend erforderlich. Aus Vereinfachungsgründen dürfte in der Praxis auch eine Orientierung an den Wertansätzen der Handelsbilanz[8] (nicht der Steuerbilanz) zulässig sein.[9]

 

Rz. 315

Das begünstigungsfähige Vermögen gehört nur "bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen" nicht zum Verwaltungsvermögen.[10] Falls das Altersvorsorgevermögen niedriger ist als die entsprechenden Verpflichtungen, ist das Verwaltungsvermögen mit 0 anzusetzen. Die überschießenden Verbindlichkeiten können mit den Finanzmitteln[11] und dem sonstigen Verwaltungsvermögen[12] verrechnet werden.[13]

 

Rz. 316

Falls das Altersvorsorgevermögen (ausnahmsweise) höher ist als die entsprechenden Verpflichtungen, gehört die Differenz zum (normalen) Verwaltungsvermögen.

 

Rz. 317

Nach dem Gesetzeswortlaut ist dies aber keineswegs eindeutig.[14] Danach gehört das Altersversorgungsvermögen nur bis zur Höhe der Schulden "nicht zum Verwaltungsvermögen". Dies könnte im Umkehrschluss darauf hindeuten, dass das darüber hinaus gehende Vermögen von vornherein kein Verwaltungsvermögen (auch kein junges Verwaltungsvermögen) ist. Diese Auslegung wird der Zielsetzung und Entstehungsgeschichte aber nicht gerecht. Der Gesetzgeber wollte einen Teil des Altersversorgungsvermögens aus dem (schädlichen) Verwaltungsvermögen ausklammern, nicht aber eine generelle Ausnahme vom Verwaltungsvermögen schaffen.

 

Rz. 318

Nicht gesetzlich geregelt ist die Verteilung des überdotierten Altersversorgungsvermögens auf die einzelnen Vermögensarten (z. B. junges oder normales Verwaltungsvermögen, Finanzmittel oder Wertpapiere, begünstigtes Vermögen oder Verwaltungsvermögen). Dabei kann sich z. B. die Frage stellen, bei welchem Altersversorgungsvermögen die Verbindlichkeiten abgezogen werden können. Bei Finanzmitteln können die Verbindlichkeiten vollständig[15], bei Wertpapieren[16] dagegen nur anteilig abgezogen werden. Eine gesetzliche Regelung fehlt. Mangels Rechtsgrundlage kann der Steuerpflichtige in allen diesen Fällen die für ihn im Einzelfall jeweils günstigste Variante wählen.[17]

 

Rz. 319

Die Finanzmittel und Schulden, die in diesem Zusammenhang bereits berücksichtigt worden sind, dürfen beim Finanzmitteltest[18] und der Ermittlung des Nettowerts des Verwaltungsvermögens[19] nicht nochmals berücksichtigt werden.[20]

 

Rz. 320–329

einstweilen frei

[1] § 13b Abs. 3 S. 1 ErbStG; s. auch § 246 Abs. 2 S. 2 HGB, dessen Wortlaut allerdings in mehreren Punkten abweicht. S. dazu R E 13b.11 ErbStR 2019 und zur Berechnung H E 13b.11 ErbStR 2029.
[2] I. S. v. § 1 BetrAVG, s. dazu R E 13b.11 Abs. 1 ErbStR 2019.
[3] Umkehrschluss zu § 246 Abs. 2 S. 2 HGB.
[4] S. Korezkij, DStR 2016, 2434, 2441; v. Oertzen/Reich, Ubg. 2017, 1, 3
[5] § 13 Abs. 3 S. 1 ErbStG; dazu Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 13b Rz. 249 ff.
[6] Anders als bei § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG: "durch Treuhandverhältnisse abgesicherte Altersversorgungsverpflichtungen".
[7] So auch R E 13b.11 Abs. 3 ErbStR 2019 und nicht nach § 6a EStG; dafür aber wohl Kaminski, Stbg. 2016, 441, 446; Kotzenberg/Jülicher, GmbHR 2016, 1135, 1138.
[9] Ausführlich v. Oertzen/Reich, Ubg. 2017, 1, 4 ff...

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