Rz. 77

Zusammenrechnungsfälle können dadurch verkompliziert werden, dass in die Zusammenrechnung auch ausländisches Vermögen einbezogen wird[1], für dessen Erwerb im Ausland ebenfalls eine Steuer entrichtet werden muss bzw. – bei einem Vorerwerb – entrichtet wurde.

 

Rz. 77a

Denkbar ist, dass entweder im Vorerwerb oder nur im Letzterwerb oder in beiden Erwerben eines unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerbers in- und ausländischer Steuer unterliegendes Auslandsvermögen enthalten ist.[2]

[1] Weltvermögensprinzip, Eisele, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 2 Rz. 2.
[2] Kugelmüller-Pugh, in V/S/W, ErbStG, 2020, § 14 Rz. 77.

3.8.1 DBA mit Freistellungsmethode

 

Rz. 78

Soweit ein DBA mit Freistellungsmethode vorhanden ist, wie z. B. in Sonderfällen (Art. 10 Abs. 1 lit. a DBA-Erb CH) mit der Schweiz bzw. bis 1.1.2008 mit Österreich, ist die Steuer dennoch nach dem Steuersatz zu erheben, der für den um das befreite Vermögen erhöhte Gesamterwerb gelten würde.[1] Die Doppelbesteuerung wird nach der Freistellungsmethode durch Aufteilung der Besteuerungsrechte beseitigt. Hierbei wird ein Teil des im Übrigen unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerbs der inländischen Besteuerung entzogen. Die für den im Inland steuerpflichtigen Erwerb sich ergebende Steuer wird gem. § 19 Abs. 2 ErbStG nach dem Steuersatz erhoben, der für den ganzen Erwerb gelten würde.[2] Auf das Berechnungsbeispiel der FinVerw (OFD Frankfurt v. 9.1.1976, S 3820), nachfolgend wiedergegeben, sei verwiesen.

 

Rz. 79

 

Beispiel :

Der Inländer E hatte 1998 seiner damaligen Lebenspartnerin L 1,0 Mio. DM geschenkt, das entspricht 511.291 EUR. Er verstirbt in 2003. Erben sind seine Kinder. L erhält vermächtnisweise ein Grundstück in Spanien, das einen gemeinen Wert von 150.000 EUR hat. L bezahlt dafür in Spanien 23.000 EUR Erbschaftsteuer.

 
Erwerb 1998
Barvermögen 1.000.000 DM  
persönlicher Freibetrag StKl. III ./. 10.000 DM  
steuerpflichtiger Erwerb 990.000 DM  
Steuersatz 29 %    
Steuer 1998 287.100 DM  
das entspricht 146.792 EUR  
Erwerb 2003    
Barvermögen 2003   150.000 EUR
Barvermögen 1998   + 511.291 EUR
Gesamterwerb   661.291 EUR
persönlicher Freibetrag StKl. III   ./. 5.200 EUR
steuerpflichtiger Erwerb   656.091 EUR
abgerundet   656.000 EUR
Steuersatz 35 %    
Steuer auf Gesamterwerb   229.600 EUR
fiktive Steuer 2003 auf Vorerwerb 1998    
Barvermögen 1998 511.291 EUR  
persönlicher Freibetrag 2003 ./. 5.200 EUR  
steuerpflichtiger Erwerb 506.091 EUR  
abgerundet 506.000 EUR  
Steuersatz 2003 29 %    
fiktive Steuer 2003 146.740 EUR  
anzurechnen ist die höhere tatsächliche Steuer 1998   ./. 146.792 EUR
festzusetzende Steuer 2003   82.808 EUR
abzugsfähige ausländische Steuer:   - 23.000 EUR
festzusetzende Steuer   59.808 EUR
 

Rz. 80

Für die Zusammenrechnung als solche ergeben sich in diesen Fällen keine Besonderheiten, da der Progressionsvorbehalt auch i. S. d. Zusammenrechnung zu beachten ist.[3]

[1] Progressionsvorbehalt, Kugelmüller-Pugh, in V/S/W, ErbStG, 2020, § 14 Rz. 76.
[2] Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 2021, § 14 Rz. 25.
[3] Hülsmann, in Wilms/Jochum, ErbStG, § 14 Rz. 92.

3.8.2 Zusammenrechnung bei Anrechnung ausländischer Steuer nach § 21 ErbStG

 

Rz. 81

Sieht das DBA die Anrechnung vor (z. B. DBA Schweiz, USA, Schweden oder Dänemark), findet gem. § 21 Abs. 4 ErbStG ebenso wie bei Fehlen eines DBA unternachfolgend dargestellten Voraussetzungen eine Anrechnung der ausländischen Steuer statt. Sind für die Besteuerung des Letzterwerbs mehrere Erwerbe von Auslandsvermögen nach § 14 Abs. 1 ErbStG zusammenzurechnen, ist (nur) die ausländische Schenkungsteuer anzurechnen, die für den Letzterwerb gezahlt wurde. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 ErbStG, der die Steuerberechnung für den Letzterwerb regelt. Diese Vorschrift kann zwar wegen der Einbeziehung der früheren Erwerbe zur Anwendung eines höheren Steuersatzes bei der Besteuerung des Letzterwerbs führen. Die durch § 14 Abs. 1 ErbStG ausgelöste höhere Besteuerung des Letzterwerbs rechtfertigt aber nach Ansicht des BFH nicht die Anrechnung der für die Vorerwerbe gezahlten ausländischen Steuer. Denn besteuert wird trotz der Zusammenrechnung nur der Letzterwerb und nicht ein Gesamterwerb in Form der zusammengerechneten Erwerbe. Deshalb ist nur die auf den Letzterwerb entfallende ausländische Schenkungsteuer anrechenbar. Dies gilt auch dann, wenn die ausländische Schenkungsteuer für die Vorerwerbe bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für die Vorerwerbe nicht oder nur zum Teil angerechnet werden konnte, weil für den jeweiligen Vorerwerb entweder keine deutsche Schenkungsteuer festzusetzen oder die deutsche Schenkungsteuer niedriger als die ausländische Schenkungsteuer war. Eine Anrechnung nicht ausgenutzter ausländischer Schenkungsteuer kann insoweit nicht bei der Besteuerung von Nacherwerben nachgeholt werden.[1] Für die Betroffenen hat diese Beurteilung des BFH zur Folge, dass die Gefahr besteht, dass es bei Schenkungen von Auslandsvermögen zu einer Doppelbelastung mit in- und ausländischer Schenkungsteuer kommt. Der EuGH hat diese Doppelbelastung in der Rechtssache Block[2] bestätigt und eine Verletzung der Kapitalverkehrsfrei...

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