Rz. 90
Unterliegt ein Erwerb nicht der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, weil weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erwerber Inländer sind, kann sich für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG besteht, die beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ergeben. Alleiniger Anknüpfungspunkt für die Steuerpflicht ist hier die Zuordnung des Vermögens zum Inland. Geht Vermögen von einem Nicht-Inländer auf einen anderen Nicht-Inländer über, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur der Teil des übergehenden Vermögens steuerlich erfasst werden, der als Inlandsvermögen in besonderer Beziehung zum Inland steht.
4.1 Personenkreis
Rz. 91
Die beschränkte Steuerpflicht tritt ein, sofern weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erbe bzw. Bedachte Inländer sind; sie dürfen mithin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland haben. Ebenso tritt beschränkte Steuerpflicht für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ein, sofern sie weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben. Für Familienstiftungen und -vereine kann nur unbeschränkte Steuerpflicht eintreten. Zur Steuerpflicht ausländischer Diplomaten s. o. Rz. 53.
4.2 Inlandsvermögen (§ 121 BewG)
Rz. 92
Das Inlandsvermögen i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG setzt sich ausschließlich aus den in § 121 BewG abschließend aufgezählten Vermögenswerten zusammen, jede der in den Nrn. 1–9 genannten Gruppen von Wirtschaftsgütern beinhaltet einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die inländische Besteuerung. Liegt eine der Nrn. – aus welchem Grund auch immer – nicht vor, so kann eine andere an ihre Stelle treten, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind. Innerhalb dieses Vermögens werden nur solche Wirtschaftsgüter erfasst, die auch bei unbeschränkter Steuerpflicht einem Erwerb zuzurechnen sind. Der Begriff "Inlandsvermögen" ist nicht bedeutungsgleich mit dem Begriff "im Inland befindliches Vermögen" So befindet sich ein Bankguthaben bei einer inländischen Bank zwar im Inland, gehört mangels Aufzählung in § 121 BewG aber nicht zum Inlandsvermögen.
Rz. 93
Zum Inlandsvermögen gehören:
- Inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 121 Nr. 1 BewG).
- Inländisches Grundvermögen (§ 121 Nr. 2 BewG). Zum inländischen Grundvermögen gehören im Inland belegene Grundstücke; dazu gehören auch das Erbbaurecht, Grundstücke im Zustand der Bebauung, Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie das Wohnungseigentum. Anteile an geschlossenen Immobilienfonds oder sonstigen vermögensverwaltenden Personengesellschaften werden wie Bruchteilseigentum behandelt (§ 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG), Anteile an offenen Immobilienfonds sind Wertpapiere und gehören nicht zum Inlandsvermögen.
- Inländisches Betriebsvermögen (§ 121 Nr. 3 BewG), wenn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter für den Gewerbebetrieb bestellt ist. Der Begriff des Betriebsvermögens richtet sich nach § 95 BewG. Danach umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i. S. d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Hierzu zählt auch das Vermögen einer lediglich vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft, wenn es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 S. 2 EStG handelt. Der Erwerber muss unmittelbar Träger des Betriebsvermögens werden. Für die Frage der Zuordnung zum inländischen Betriebsvermögen ist dabei eine isolierende Betrachtung vorzunehmen. Inländisches Betriebsvermögen i. S. d. § 121 Nr. 3 BewG setzt voraus, dass im Inland tatsächlich ein Gewerbe betrieben wird, d. h. eine inländische Betriebsstätte (§ 12 AO) besteht oder ein ständiger Vertreter (§ 13 AO) bestellt ist. Bei einer Betriebsaufspaltung hat die Besitzgesellschaft am inländischen Sitz der Betriebsgesellschaft eine Betriebsstätte, wenn sie deren Räumlichkeiten für ihre gewerbliche Tätigkeit – auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung – ständig nutzen konnte und auch tatsächlich genutzt hat.
Beteiligungen an einer inländischen Kapitalgesellschaft (§ 121 Nr. 4 BewG), wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG als Eigentümer der übertragenen Anteile mindestens zu 10 % am Grund- oder Stammkapital der inländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Eine Mindesthaltedauer ist dabei nicht vorgesehen; eine niedrigere Beteiligung vor oder nach dem Besteuerungsstichtag ist unbeachtlich. Folgende Sachverhalte müssen im Zusammenhang mit Beteiligungen beachtet werden:
- Wird nur ein Teil einer solchen Beteiligung durch Schenkung zugewendet, sind auch weitere innerhalb der nächsten 10 Jahre von derselben Person anfallende Erwerbe aus der Beteiligung als Inlandsvermögen zu behandeln, auch wenn im Zeitpunkt ihres Erwerbs die Beteiligung des Erblassers ...