Rz. 5
Die Entscheidung, welcher von mehreren Gesamtschuldnern aus demselben Rechtsgrund in Anspruch genommen werden soll, steht nicht im freien Belieben, sondern im pflichtgemäßen Auswahlermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO gelten. Der einzelne Abgabenschuldner kann daher nur aufgrund einer Ermessensentscheidung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der wirtschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Tatbestandsverwirklichung in Anspruch genommen werden. In einer Kammerentscheidung deutet das BVerfG die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG zur Steuerschuldnerschaft des Schenkers im Ergebnis in einen Haftungstatbestand um: Es bedürfe eines hinreichenden Sachgrunds für das Einstehenmüssen des Schenkers für die Steuerschuld des Beschenkten. Hierzu zählt das BVerfG u. a. die Tatsache, dass der Schenker die Entrichtung der geschuldeten Steuer vertraglich übernommen hat, oder das kollusive Zusammenwirken von Schenker und Beschenktem. Die Ermessensentscheidung bedarf nach Maßgabe des § 121 Abs. 1 AO einer Begründung, soweit diese zum Verständnis des Steuerbescheids erforderlich und die Begründung nicht nach § 121 Abs. 2 AO entbehrlich ist. Setzt das FA die Schenkungsteuer gegen den Bedachten fest, braucht es dies im Regelfall nicht zu begründen, weil eine Begründung zum Verständnis des Steuerbescheids nicht erforderlich ist. Dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG und dem Charakter der Schenkungsteuer als einer Bereicherungssteuer entsprechend ist das FA nämlich grundsätzlich gehalten, sich bei der Anforderung der Steuer an den Bedachten zu halten.
Rz. 6
Hingegen hat sich das FA in 1. Linie an den Schenker zu halten, wenn er dies beantragt, die Schenkungsteuer gem. § 10 Abs. 2 ErbStG übernommen hat oder wenn die Inanspruchnahme des Erwerbers erfolglos bleiben oder zumindest erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird. Der Beschenkte soll sich nur dann auf die Übernahme der Schenkungsteuer berufen können, wenn dies dem FA zu Lebzeiten des Schenkers angezeigt oder notariell beurkundet oder tatsächlich bewirkt worden ist.
Rz. 7
Hat der Schenker im Verhältnis zum Beschenkten die geschuldete Steuer selbst übernommen und war dies dem FA bei Erlass des Schenkungsteuerbescheids bekannt, ändert dies zwar nichts daran, dass auch der Bedachte Steuerschuldner ist; denn die an einer Schenkung Beteiligten können nicht durch privatrechtliche Vereinbarung über die gesetzlich geregelte Steuerschuldnerschaft disponieren. Doch erfordert die Inanspruchnahme des Bedachten eine Begründung der getroffenen Auswahlentscheidung, es sei denn, die Gründe sind dem Bedachten bekannt oder für ihn ohne Weiteres erkennbar. Fehlt die erforderliche Begründung und wird sie auch nicht in zulässiger Form nachgeholt, ist der gegen den Bedachten ergangene Steuerbescheid bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben.
Rz. 8
Der Schenker soll auch in sog. Nachversteuerungsfällen nach § 13a Abs. 5 ErbStG in Anspruch genommen werden können. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Schenker regelmäßig keinen Einfluss auf die Einhaltung der Behaltensvoraussetzungen nehmen könne. Die Verschonung gem. §§ 13a, 13b ErbStG wird vom Gesetzgeber nicht als Belohnung für Wohlverhalten des Erwerbers verstanden, sondern für dessen tatsächlichen Erfolg bei der Erhaltung von Arbeitsplätzen. Gleichwohl soll eine Inanspruchnahme des Schenkers für die Schenkungsteuer nach § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG bei einem Verstoß eines Erwerbers gegen die Behaltensregelungen oder die Lohnsummenregelung für begünstigtes Vermögen oder bei einem rückwirkenden Fortfall des Vorwegabschlags gem. § 13a Abs. 9 ErbStG nicht erfolgen, es sei denn, der Schenker hat die Steuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG selbst übernommen oder hat kollusiv mit dem Beschenkten zusammengewirkt.