Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 390
Als Schenkung unter Lebenden gilt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, was entweder infolge Vollziehung einer vom Schenker angeordneten Auflage (Alt. 1) oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung (Alt. 2) ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird. Die Schenkung unter Auflage (Alt. 1) verbindet 2 freigebige Zuwendungen miteinander, nämlich die Erstschenkung an den mit der Auflage beschwerten Beschenkten und die Zweitschenkung des Erstbeschenkten an einen Dritten. Fehlt es an einem Dritten, weil die Auflage einen nicht abgrenzbaren Personenkreis zugutekommt, liegt eine Zweckzuwendung nach § 8 ErbStG vor. Kommt die Auflage dem Beschenkten selbst zugute, ist § 10 Abs. 9 ErbStG zu beachten, wonach die Auflage nicht abzugsfähig ist. Die Besteuerung der Erstschenkung richtet sich nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Demzufolge geht es in § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG um die Besteuerung der Zweitschenkung, also um die Steuerpflicht des Auflagenbegünstigten. Dabei ist die Zuwendung des Erstbeschenkten an den Dritten als Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Auflagenbegünstigten anzusehen. Hier liegt der dogmatische Unterschied zur sog. Kettenschenkung mit 2 aufeinanderfolgenden Zuwendungen. Die Schenkung mit Weiterschenkklausel wird demgegenüber der Schenkung unter einer Auflage gleichgestellt. Unklar ist, ob sich diese Sichtweise des BFH auch auf die Schenkung mit Vererbungsklausel übertragen lässt, wonach das Geschenk dem Beschenkten bis zu seinem Tod verbleiben soll, dann jedoch nicht an die Erben des Beschenkten, sondern an einen vom Schenker ausgesuchten Dritten weiterzugeben ist. Die Vererbungsklausel kann z. B. die Schenkung mit einer auflösenden Bedingung versehen, wonach der Beschenkte den Zuwendungsgegenstand verliert, wenn er ihn nicht als eigene Zuwendung durch Erbeinsetzung oder Vermächtnis an den vom Schenker benannten Dritten von Todes wegen weitergibt. Das FG Niedersachsen möchte auch diese Gestaltung den Regeln über die Schenkung unter Auflage unterstellen. Doch spricht gegen diese Sichtweise die Dogmatik des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, der den Erwerb von Todes wegen stets auf den Erblasser zurückführt.
Rz. 391
Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Bezug auf die Besteuerung der Zweitschenkung wird durch den BFH noch weiter eingeschränkt, weil sich die Steuerpflicht des Auflagenbegünstigten bereits aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ergeben soll, wenn er aus der Anordnung des Schenkers einen gesicherten und frei verfügbaren Anspruch auf Vollzug der Auflage gegen den Erstbeschenkten erhält. Nach den einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen ist dies im Zweifel anzunehmen. Damit beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG auf die Konstellation, dass der auflagenbegünstigte Dritte aus der Auflagenanordnung ausnahmsweise nicht unmittelbar selbstständig berechtigt ist. Liegt für den Auflagenbegünstigten ein gesicherter und frei verfügbarer Anspruch auf Vollzug der Auflage gegen den Erstbeschenkten vor, sieht der BFH als Zuwendungsgegenstand zwischen dem Schenker und dem Dritten die dem Dritten eingeräumte Forderung gegen den Erstbeschenkten an, für die die Steuerpflicht bereits zum Zeitpunkt der Ausführung der Erstschenkung entsteht. Wenn für den Dritten keine Forderung begründet wird, kann dies für die Praxis eine steuergünstige Gestaltung ermöglichen, weil die Auflage beim Erstbeschenkten sofort absetzbar ist, während bei dem auflagenbegünstigten Dritten eine verzögerte Besteuerung eintritt.
A schenkt B 100.000 EUR unter der Auflage, an C die Hälfte des Geldes innerhalb der nächsten 5 Jahre weiterzureichen. Dem C soll aber ausdrücklich kein eigenständiges Forderungsrecht gegen B zustehen.
Rz. 392
Die Schenkung unter Auflage ist abzugrenzen vom bedingten Erwerb, etwa bei einem sog. Enkel-Fonds, wenn die bereits beschenkten Enkel bei der Geburt eines weiteren Enkels einen Teil ihres Anteils an diesen übertragen müssen. Hier entsteht die Auflage erst mit Eintritt der Bedingung, wobei ein vorzeitiger Auflagenvollzug vom BFH als Bedingungseintritt gewertet wird, obwohl eine vorzeitige Erfüllung zivilrechtlich unmöglich ist. Wird die aufschiebende Bedingung nach Eintritt der Bedingung von dem zunächst Beschenkten gegenüber dem Dritten erfüllt, kommt es für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung des Erwerbs des Dritten ebenfalls auf das Verhältnis zum Schenker an.
Rz. 393
Beim Erwerb infolge der Erfüllung einer Bedingung (Alt. 2) geht es um die Konstellation, dass sich der Vertragspartner des Schenkers zwar nicht zu einer Leistung an den Dritten verpflichtet, er aber das von dem Schenker Erlangte nur dann endgültig behalten darf, wenn er im Verhältnis zu dem Dritten die Bedingung erfüllt. Auch hier regelt § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nur die Besteuerung des Dritten. Das von einer Bedingung abhängig gemachte Rechtsgeschäft zwischen dem Schenker und dem Vertragspartner kann eine Schenk...