Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 549
Die § 7 Abs. 8, § 15 Abs. 4 ErbStG sind mit Wirkung ab dem 14.12.2011 durch das BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 eingefügt worden. Die Vorschriften gehen zurück auf eine Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrats, die der Finanzausschuss in die Beschlussempfehlung vom 26.10.2011 übernommen hat. Zugleich wurde die Begründung zur Stellungnahme des Bundesrats unverändert in den Bericht des Finanzausschusses vom 26.10.2011 übernommen.
Rz. 550
Nach § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Zuwendung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Ausweislich der Gesetzesbegründung schließt Satz 1 die "Besteuerungslücke" der sog. disquotalen bzw. disproportionalen Einlage, in dem er eine überproportionale Einlage des Schenkers einer Direktzuwendung des Schenkers gleichstellt. Die bisherige Besteuerungslücke sei in der Steuersparbranche bekannt und werde auf Fachveranstaltungen regelmäßig als Gestaltungstipp vorgetragen. In der Gesetzesbegründung heißt es, der Gesetzgeber greife die Grundsätze der Rspr. des BFH, namentlich das zitierte Urteil des BFH vom 9.12.2009 auf und entwickle sie mit Satz 1 in Richtung auf eine "gleichheitsgerechte Besteuerung von Schenkungen" fort. Die vom Gesetzgeber konstatierte "Lücke" gründet sich darauf, dass der BFH im Falle einer sog. disquotalen Einlage einerseits keine freigebige Zuwendung in Höhe des überproportionalen Teils im Verhältnis zur Gesellschaft annimmt und zum anderen eine freigebige Zuwendung im Verhältnis zu dem bzw. den Mitgesellschaftern an einem geeigneten Zuwendungsgegenstand scheitern lässt. Wenn der Gesetzgeber dies als Verstoß gegen eine gleichheitsgerechte Besteuerung wertet, hätten theoretisch 2 Möglichkeiten bestanden, eine gleichheitsgerechte Besteuerung herzustellen. Zum einen wäre es möglich gewesen, dass der Gesetzgeber im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft eine objektive Bereicherung bzw. einen Bereicherungswillen fingiert. Zum anderen bietet sich als Alternative an, die "Lücke" im Verhältnis zum Mitgesellschafter zu überwinden. Nach der gesetzlichen Konzeption bleibt es im Verhältnis zwischen dem an die Gesellschaft leistenden Gesellschafter und der Gesellschaft unverändert dabei, dass eine gemischt-freigebige Zuwendung am rechtlichen Zusammenhang mit dem Gemeinschaftszweck scheitert. Dabei könnte auch eine Rolle gespielt haben, dass ansonsten die Überschneidung von Körperschaft- und Schenkungsteuer bei Leistungen von Nichtgesellschaftern offen zutage getreten wäre. Satz 1 knüpft an die "Lücke" im Verhältnis zum Mitgesellschafter an, weil die reflexartige Werterhöhung des Geschäftsanteils bzw. der Geschäftsanteile des Mitgesellschafters nach dem BFH keinen geeigneten Zuwendungsgegenstand darstellt.
Rz. 551
§ 7 Abs. 8 S. 2 ErbStG ordnet des Weiteren an, dass Zuwendungen zwischen Kapitalgesellschaften freigebig sind, soweit sie in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern, weil betriebliche Gründe fehlen, und soweit an diesen Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind. Der Gesetzgeber bezieht sich hier ausdrücklich auf das Urteil des BFH vom 7.11.2007. Jene zivilrechtliche Betrachtungsweise der Rspr. habe in der Praxis zu der Sorge geführt, dass auch verdeckte Gewinnausschüttungen im Konzern als schenkungsteuerbar angesehen werden könnten. Satz 2 stelle klar, dass verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen zwischen verbundenen Unternehmen grundsätzlich keine freigebigen Zuwendungen sind und nur in den dort definierten Ausnahmefällen als Schenkungen behandelt werden können.
Rz. 552
Neben Kapitalgesellschaften werden über § 7 Abs. 8 S. 3 ErbStG auch Genossenschaften in den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 mit einbezogen.
Rz. 553
Schließlich ist nach der Neuregelung des § 15 Abs. 4 ErbStG bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten Person oder Stiftung zugrunde zu legen, durch die sie veranlasst ist. In diesem Fall gilt die Schenkung bei der Zusammenrechnung früherer Erwerbe (§ 14 ErbStG) als Vermögensvorteil, der dem Bedachten von dieser Person anfällt. Nach der Gesetzesbegründung soll Satz 1 Härten ausräumen, die sich aus der unmittelbaren zivilrechtlichen Betrachtung einer Zuwendung durch eine Kapitalgesellschaft ergeben können.