Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 566
Das Valutaverhältnis setzt zwischen dem Leistenden (Zuwendenden) und dem (anderen) Gesellschafter (Bedachten) die Verwirklichung des vollständigen objektiven und subjektiven Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit Ausnahme des geeigneten Zuwendungsgegenstands – Erhöhung des Werts der Anteile – voraus.
25.2.3.1 Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Bedachtem
Rz. 567
Nach hier vertretender Ansicht muss das Rechtsverhältnis ein zweiseitiges sein, um die Beteiligten des steuerbaren Zuwendungsvorgangs (Leistender und Gesellschaft oder Leistender und "anderer" Gesellschafter) klar festlegen zu können. Denn die Bereicherung des "anderen" Gesellschafters muss nach der allgemeinen schenkungsteuerrechtlichen Dogmatik "auf Kosten" des an die Gesellschaft Leistenden erfolgen. Dabei handelt es sich nicht nur um ein Kausalitätsproblem, sondern – wie beim ähnlich gelagerten Fall der kapitalquotenändernden Kapitalerhöhung – um ein Zurechnungsproblem. Denn es fehlt an der unmittelbaren Begünstigung des (Mit-)Gesellschafters. Die Zurechnungsfrage lautet dort, wann die Entreicherung durch Vermögensabspaltung unter dem Aspekt einer mittelbaren freigebigen Zuwendung dem Neugesellschafter schenkungsteuerrechtlich nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zugerechnet werden kann. Im Kern geht es auch im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG um eine vergleichbare Zurechnungsfrage zwischen der Entreicherung beim Leistenden und der Bereicherung beim Gesellschafter (Bedachten) trotz Zwischenschaltung der Kapitalgesellschaft als Steuersubjekt mit grundsätzlicher "Abschirmwirkung". Die Festlegung der Beteiligten des Zuwendungsvorgangs muss durch eine zivilrechtliche Abrede festgelegt werden, die zwischen dem Leistenden und dem Bedachten getroffen werden muss, auf die Abrede zwischen Leistendem und der Gesellschaft kann nicht abgestellt werden. Würde man auf die Notwendigkeit einer Abrede mit dem (Mit-)Gesellschafter verzichten, müsste der zielgerichtet Bedachte nicht einmal Kenntnis von dem Vorgang haben und könnte durch die Absicht des an die Gesellschaft Leistenden ohne sein Zutun mit Schenkungsteuer belastet werden. Letztlich zeigt auch der Normzweck des Satz 1, dass auf eine Abrede zwischen dem Leistenden und dem Begünstigten nicht verzichtet werden kann.
An einem Rechtsverhältnis zum Gesellschafter fehlt es, wenn dieser mit der Leistung an die Gesellschaft nicht einverstanden ist – selbstverständlich darf dies keine Scheinhandlung sein (vgl. § 41 Abs. 2 S. 1 AO) – oder er nichts von der Leistung weiß.
25.2.3.2 Entreicherung
Rz. 568
Eine Entreicherung liegt beim Leistenden objektiv nicht vor, wenn seine Leistung zu keiner Verminderung seines Vermögens führt. Den Standardfall bildet der Verzicht auf eine wegen des Nachrangs gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO objektiv wertlose Gesellschafterforderung im Erlasswege, wenn sich die Gesellschaft, etwa wegen drohender Zahlungsunfähigkeit, in der Krise befindet. Die Entreicherung bildet zugleich den Höchstwert der beim Begünstigten objektiv möglichen Bereicherung. Deswegen hat sich die Beurteilung einer Erhöhung des Unternehmenswerts nach dem Substanzwert als Höchstwert zu richten.
25.2.3.3 Bereicherung
Rz. 569
Eine Bereicherung scheidet beim begünstigten Mitgesellschafter objektiv aus, wenn Letzterer mit dem Leistenden eine Gegenleistung vereinbart, die ein angemessenes Äquivalent für die Werterhöhung seiner Anteile darstellt. Es kann sich hierbei sowohl um eine Gegenleistung an die Gesellschaft als auch unmittelbar an den Gesellschafter handeln. Erfolgt die Gegenleistung an die Gesellschaft, spielt die Sacheinlagefähigkeit nach den Regeln des Kapitalaufbringungsrechts keine Rolle. Entscheidend ist schenkungsteuerrechtlich allein, dass die Gegenleistung in Geld veranschlagt werden kann (vgl. § 7 Abs. 3 ErbStG). Deswegen darf sich der begünstigte Gesellschafter auch zu Dienstleistungen verpflichten.
25.2.3.4 Bereicherungswille des Leistenden
Rz. 570
Die Tatsache, dass sich dem Wortlaut des Satz 1 kein subjektives Tatbestandsmerkmal des Bereicherungswillens entnehmen lässt, bedeutet nur, dass es darauf in dem Deckungsverhältnis zwischen dem Leistenden und der Gesellschaft nicht ankommt. Eine am Normzweck ausgerichtete Auslegung führt aber dazu, dass es nichtsdestoweniger im Valutaverhältnis zwischen dem Leistenden und dem Bedachten nach der allgemeinen Dogmatik des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eines Bereicherungswillens bedarf. Der Ansatz von van Lishaut/Ebber/Schmitz, über den Wortlaut des Satz 1 hinaus zwar als ungeschriebene Tatbestandsmerkmale,
(1) eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung einzuführen – was auf eine Abrede zwischen dem Leistenden und dem Bedachten hinausläuft –, und
(2) eine Entreicherung beim Leistenden zu verlangen, um dann beim Bereicherungswillen im Valutaverhältnis sich darauf zurückzuziehen,
dass sich dies dem Wortlaut nic...