a) Ansatz des BFH
Der BFH zeigt sich mit seiner Einschätzung zum Vorliegen eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs, die nicht entscheidungserheblich wurde, restriktiv, indem er von einer wirksamen Einwilligung der Steuerpflichtigen ausgeht. Mit Literaturansichten, die zu anderen Ergebnissen gelangen, befasst er sich nicht näher und sieht über eine weit klaffende Rechtsschutzlücke hinweg. Das verwundert insb. vor dem Hintergrund, dass er bei seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung den Bedeutungsgehalt des Art. 13 Abs. 1 GG besonders hervorhebt. Nicht näher thematisiert hat der BFH ferner, ob in dem – laut Sachverhaltsfeststellung – bloßen widerspruchslosen Einlassen tatsächlich eine (konkludente) Einwilligung zu erkennen ist. Eine zweifelsfreie Deutlichkeit eines Einverständnisses ist so nicht unbedingt gewährleistet, zumal angesichts der Grundrechtsbetroffenheit auch eine ausdrückliche Einwilligung zu fordern sein mag. Ist eine Einwilligung als gesetzt zu betrachten, stellen sich aber die folgenden Fragen zu deren Wirksamkeit.
b) Beachtlichkeit von Motivirrtümern?
So steht zu erwägen, ob eine Einwilligung in einen Grundrechtseingriff nicht nur dann unwirksam ist, wenn sie von außen beeinflusst oder gar hervorgerufen wurde (Täuschung/Drohung), sondern auch, wenn ihr ein fehlerhaftes inneres Vorstellungsbild des Berechtigten (Motivirrtum) zugrunde liegt. Ein solches läge hier vor, wenn die Steuerpflichtige keine Kenntnis davon hatte, dem Fahndungsprüfer den Zutritt zu ihrer Wohnung verweigern zu können.
Für die Wirksamkeit einer Einwilligung wird eine Einsichtsfähigkeit und Freiwilligkeit des Einwilligenden gefordert. Frei bzw. freiwillig ist eine Entscheidung, wenn sie in Kenntnis der für die Entscheidung relevanten Umstände getroffen wird. Erforderlich ist ferner ein Bewusstsein um die Freiheit der Entscheidung, also auch ein Bewusstsein um das Recht zur Weigerung, sowie um den Umstand und die Tragweite des staatlichen Handelns. Wusste die Steuerpflichtige hier nicht um ihr Recht zur Zutrittsverweigerung, wäre ihre Einwilligung insoweit unwirksam.
Weiter fehlt es an der Freiwilligkeit nach dem Urteil des BFH "jedenfalls" bei Täuschung, Drohung oder Zwang, nicht dagegen "wohl" bei bloßen Irrtümern. Dabei nimmt der BFH Bezug auf eine Entscheidung des BVerfG zur unzulässigen Öffnung von Verteidigerpost in einer Justizvollzugsanstalt. Darin wird überdies gefordert, dass die erteilte Einwilligung frei von unzulässigem Druck erfolgt.
Beispiel:
In dem dort entschiedenen Fall wurde der Insasse einer JVA von einem Vollzugsbeamten dazu aufgefordert, einen als Verteidigerpost eingeordneten Briefumschlag in seinem Beisein zu öffnen und ihm den Inhalt zu zeigen, um die Privilegierung der Korrespondenz zu überprüfen. Der spätere Beschwerdeführer gab dieser Aufforderung nur deshalb nach, weil er eine wichtige Mitteilung seines Verteidigers erwartete und einem Konflikt mit den Vollzugsbeamten vorbeugen wollte.
Diese Konstellation ist der hiesigen, in der ein Beamter der Steuerfahndung unerwartet und ohne Rechtsgrundlage auf der privaten Türschwelle erscheint, durchaus vergleichbar. Dass dem Einsatz eines Steuerfahnders typischerweise ein erheblich einschneidendes Gewicht zukommt, selbst wenn er angibt, "nur" Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, hat der BFH ausdrücklich festgehalten. Eine in diesem Sinne unzulässige Drucksituation für die Steuerpflichtige lag vor. Die von der Steuerpflichtigen erteilte Einwilligung ist vor diesem Hintergrund unwirksam.
c) Täuschung durch Überrumpelung
Darüber hinaus ist der Schluss, dass keine Täuschung vorliege, nicht zwingend. So könnte selbst dann ein täuschungsbedingter Irrtum vorliegen, wenn der Einsatz eines Steuerfahnders zur Sachverhaltsermittlung gerade in der Erwartung erfolgt, ihm werde anders als einem Veranlagungsbeamten Zugang gewährt. Das setzt auf Ebene des Berechtigten die in der Überrumpelungssituation entstandene Fehlvorstellung voraus, einen Steuerfahnder einlassen zu müssen. Ein bloßes Ausnutzen dieses Irrtums liegt dann nicht vor, sondern der Irrtum wäre gezielt herbei geführt worden. Mit dieser Sichtweise stellt sich gar nicht das Problem, ob der Irrtum des Berechtigten über die Zugangsberechtigung des Steuerfahnders um seiner selbst willen (Motivirrtum) beachtlich ist und zu einer Unwirksamkeit der erteilten Einwilligung führt, weil bereits das Verhalten des Steuerfahnders täuschenden Charakter hat. Dieser wird insb. darin ersichtlich, dass ein Steuerpflichtiger in einer Überrumpelungssituation gerade nicht sein...