a) Aufgabeneröffnung
Bereits auf formeller Ebene ist der Einsatz von Steuerfahndungsbeamten als "Flankenschützer" zweifelhaft. Erforderlich ist im ersten Schritt eine Aufgabeneröffnung, die hier bereits problematisch ist.
b) Aufgaben nach § 208 Abs. 1 AO
Die Aufgaben der Steuerfahndung werden in § 208 AO geregelt. Zu ihnen zählen nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten, nach Nr. 2 die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nr. 1 bezeichneten Fällen sowie nach Nr. 3 die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle. § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO erfordert einen strafprozessualen Anfangsverdacht, also i.S.d. § 152 Abs. 2 StPO, § 386 Abs. 1 S. 1 AO zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung einer Steuerstraftat. Hieran fehlt es vorliegend.
Die Aufgabenzuweisung in § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO scheidet ebenfalls aus. Jenseits des Wortlauts ist für eine entsprechende Zuständigkeit erforderlich, dass angesichts konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrung die Möglichkeit einer Steuerhinterziehung in Betracht kommt. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind hingegen unzulässig. An solchen Anhaltspunkten fehlt es im entschiedenen Fall ebenfalls.
Darüber hinaus ist zweierlei zu beachten: Der Steuerfall ist im vorliegenden Fall bereits nicht "unbekannt" i.S.d. § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO, der ferner nicht einschlägig ist, wenn der Anwendungsbereich des § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO betroffen ist, weil die Steuerfahndung dann nicht auf Basis eigener Initiative und originärer Zuständigkeit im strafprozessualen Zusammenhang handelt, sondern auf fremde Veranlassung zu Besteuerungszwecken.
c) Aufgaben nach § 208 Abs. 2 AO
§ 208 Abs. 2 Nr. 1 AO begründet eine Zuständigkeit der Steuerfahndung für steuerliche Ermittlungen auf Ersuchen der originär zuständigen Finanzbehörde. Hier wurde der Flankenschutz auf Anfrage des Veranlagungsfinanzamts aktiviert.
Die Aufgabendelegation an die Steuerfahndung ist der Amtshilfe ähnlich. Nach einer Literaturansicht sind deshalb § 112 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 AO entweder direkt oder analog anzuwenden. Hiernach muss ein hinreichender sachlicher Grund für das Ersuchen an die Steuerfahndung vorliegen. Maßgeblich wären hier vor allem Aspekte der eigenen unzureichenden Ermittlungsfähigkeit des Veranlagungsfinanzamts.
Ob auf die Grundsätze der Amtshilfe direkt oder analog zurückzugreifen ist, kann dahinstehen. In jedem Fall hätte das Finanzamt im Rahmen seines Entschließungsermessen nach § 5 AO abzuwägen, ob ein besonderer Bedarf nach dem Einsatz der Steuerfahndung besteht. Die durch den Einsatz der Steuerfahndung bedingte Belastung des Steuerpflichtigen ist nach einhelliger Ansicht nur dann zu rechtfertigen, wenn vernünftige sachliche Gründe ein Ersuchen notwendig erscheinen lassen. Dies wiederum führt Aspekte in die Ermessensabwägung ein, für die eine Orientierung an § 112 AO naheliegt. Überdies wären all diejenigen Aspekte zu berücksichtigen, die der BFH im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung beleuchtet hat.
Rein verwaltungsökonomische und ermittlungstaktische Erwägungen sind vor diesem Hintergrund nicht ausreichend und begründen ein Ermessensdefizit des Veranlagungsfinanzamts, aufgrunddessen das Ersuchen rechtswidrig ist. Hieraus wird gefolgert, dass sich bereits keine Zuständigkeit der Steuerfahndung ergibt.