Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 178.1
Abgeltungsteuereinkünfte. § 34 c Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. schließt die Einrechnung von ausländischen Einkünften, die in Deutschland der Abgeltungsteuer unterliegen, in die länderspezifische Höchstbetragsberechnung aus. Damit übernimmt der Gesetzgeber auch für den Bereich der Steueranrechnung das Konzept der zwei Arten von Einkünften (tarifbesteuerte Einkünfte und Abgeltungsteuereinkünfte) innerhalb des Einkommensteuerrechts. Durch den Ausschluss der Kapitaleinkünfte, die nach § 32 d Abs. 2 EStG aus dem Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer herausgenommen sind, für die Steueranrechnung nach § 34 c bleibt sich der Gesetzgeber in dem Ansatz treu. Die Steueranrechnung der darauf entfallenden Steuern ordnet § 32 d Abs. 4 EStG an. Nicht systemgerecht ist hingegen, dass der Gesetzgeber in Fällen der freiwilligen Anwendung des Einkommensteuertarifs (§ 32 d Abs. 4 EStG) die Höchstbetragsberechnung in § 34 c nicht auf alle Einkünfte ausdehnt. Ein gleiches Defizit tritt bei der Günstigerprüfung nach § 32 d Abs. 6 EStG auf. Es wäre technisch kein Problem gewesen anzuordnen, für die jeweiligen Einkünfte einen Mischsteuersatz zu bilden und die Steueranrechnung bis zu dieser Steuerhöhe zuzulassen. Ob der mit der Unterlassung einhergehende Verstoß gegen das Prinzip der Folgerichtigkeit Konsequenzen hat, ein Stpfl. die weitergehende Anrechnung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen seine grundrechtlich geschützten Rechte wird durchsetzen können, bleibt abzuwarten.
Rz. 178.2
Verteilung der Auslandseinkünfte. Der Gesetzgeber hat es hingegen zur Umsetzung des Konzeptes der Einkunftsartentrennung versäumt, anzuordnen, wie die Aufteilung der ausländischen Steuer erfolgen soll, wenn, wie regelmäßig, der ausländische Staat das System der synthetischen Einkommensteuer vollumfänglich weiterverfolgt. Angesichts des typischerweise niedrigeren Steuersatzes für der Abgeltungsteuer unterliegende Einkünfte könnte die Aufteilung so erfolgen, dass nach Maßgabe des ausländischen Steuerrechts ermittelt wird, in welcher Höhe die ausländische Steuer angefallen wäre, wenn nur die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte angefallen wären. Dieser Betrag könnte sodann von dem Gesamtsteuerbetrag abgezogen werden. Der verbleibende Betrag könnte dann im Rahmen der Höchstbetragsberechnung auf die deutsche Steuer angerechnet werden. Alternativ könnte auch eine prozentuale Steueraufteilung nach Maßgabe des Gesamtbetrags der ausländischen Steuer und des Anteils der nicht der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte erfolgen. Für die erste Variante könnte sprechen, dass der Gesetzgeber in § 32 d Abs. 5 Satz 1 EStG auf die "ausländische Steuer auf den einzelnen Kapitalertrag" abstellt und diese Formulierung die Anrechnungen von erhöhten Steuern durch andere Einkünfte in § 32 d Abs. 5 EStG ausschließt.
Rz. 178.3
Umsetzung in der Steuererklärung. Für die Steuerdeklarationsberatung ist diese Unklarheit sehr misslich, zumal sich die Günstigerprüfung nach § 32 d Abs. 6 EStG auf alle Einkünfte, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, bezieht und eine länderspezifische Ausübung des Wahlrechts nicht vorgesehen ist. Damit kann der Steuererklärende nur versuchen, sich die beste Anrechnungsvariante auszurechnen und bei der Antragstellung seine Rechtsmeinung offenzulegen und zugrunde zu legen. Erfolgt später eine Korrektur bei der Steuerfestsetzung, so kann er versuchen, auf Basis der Offenlegung den Antrag zu korrigieren. Es ist mehr als zweifelhaft, ob diese weitere Komplizierung der Steueranrechnung wirklich geboten war oder ob der Gesetzgeber nicht gut beraten gewesen wäre, lediglich anzuordnen, dass bei der Höchstbetragsberechnung ein Steuermischsatz aus der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünften und den tarifbesteuerten Einkünften zu bilden war.