Rz. 711

[Autor/Stand] Zeitbezüge nach der gesetzlichen Regelung. Mit § 1 Abs. 3 Satz 4 wurde erstmals eine der Rspr.[2] entsprechende gesetzliche Regelung eingeführt. Hiernach ist für die Durchführung des Fremdvergleichs und die Bestimmung von dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechenden Verrechnungspreisen auf "die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Geschäftsvorfalls" abzustellen. Maßgeblich ist damit der "Ex-ante"- oder "Arm's-length-price-setting"-Ansatz. Der Verrechnungspreisbestimmung sind damit nur die zum Zeitpunkt der Vereinbarung des betreffenden Geschäftsvorfalls vorhandenen und vorhersehbaren Informationen zugrunde zu legen. Ausweislich der Gesetzesbegründung dürfen sich Informationen, die zu diesem Zeitpunkt objektiv nicht hätten berücksichtigt werden können, nicht auf den Fremdvergleichspreis und damit auf den Soll-Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 auswirken.[3] Es sind sowohl bezogen auf den zu untersuchenden Geschäftsvorfall als auch bezogen auf die Vergleichsgeschäftsvorfälle diejenigen Verhältnisse zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Vereinbarung des betreffenden Geschäftsvorfalls bereits bestanden haben; dies bezieht objektiv vorhersehbare zukünftige Entwicklungen mit ein.[4] Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen Vergleichsgeschäftsvorfälle nur insoweit einbezogen werden können, wie die diese zum Zeitpunkt der Vereinbarung des zu untersuchenden Geschäftsvorfalls bereits vereinbart worden waren.[5]

 

Rz. 712

[Autor/Stand] Verwaltungspraxis. Dessen ungeachtet, konzedieren sowohl die VWG VP[7] als auch die VWG 2020[8], dass nachträglich bekannt gewordene externe Vergleichswerte durch den Steuerpflichtigen berücksichtigt werden können, soweit sich diese auf den Zeitpunkt der Vereinbarung des Geschäftsvorfalls beziehen. Entsprechendes behält sich die Finanzverwaltung für die Verprobung nach anderen Verrechnungspreismethoden vor.[9] Nach Rz. 3.39 VWG VP 2023 sind bei Verträgen mit längerer Laufzeit, d.h. z.B. bei Dauerschuldverhältnissen, Kündigungs- und Änderungsmöglichkeiten für den maßgeblichen Zeitbezug von Bedeutung, wenn aufgrund rechtlich bestehender Änderungs- oder Kündigungsmöglichkeiten sowie realistisch verfügbarer und wirtschaftlich vorteilhafterer Handlungsalternativen ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter zu einem bestimmten Zeitpunkt die vertragliche Vereinbarung entweder geändert oder einer neue, wirtschaftlich vorteilhaftere Geschäftsbeziehung eingegangen wäre.

[Autor/Stand] Autor: Liebchen, Stand: 01.05.2024
[3] Vgl. BT-Drucks. 19/27632 v. 17.3.2021, S. 71.
[4] Vgl. BT-Drucks. 19/27632 v. 17.3.2021, S. 71.
[5] Vgl. BT-Drucks. 19/27632 v. 17.3.2021, S. 71.
[Autor/Stand] Autor: Liebchen, Stand: 01.05.2024
[7] VWG VP 2023, Rz. 3.38.
[8] Vgl. VWG 2020, Rz. 49.
[9] Vgl. VWG 2020, Rz. 73.

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