Rz. 3552

[Autor/Stand] Öffnungsklausel: Fremdvergleichsgrundsatz. § 26 Abs. 2 Satz 1 BsGaV enthält eine Öffnungsklausel in Bezug auf die Mindestkapitalausstattungsmethode unter § 26 Abs. 1 BsGaV. Einer ausländischen Versicherungsbetriebsstätte darf ein höheres Dotationskapital als das versicherungsaufsichtsrechtliche Mindestkapital zugewiesen werden, soweit dies dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht. Diese Regelung findet sich analog für den Inbound-Fall in § 25 Abs. 3 BsGaV, der bei Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ein niedrigeres Dotationskapital als das unter der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode ermittelte Dotationskapital zulässt. Für den Outbound-Fall wird der Fremdvergleichsgrundsatz zur Ermittlung der Höchstgrenze für das Dotationskapital herangezogen. Ein höheres Dotationskapital als unter § 26 Abs. 1 BsGaV kann dann angesetzt werden, wenn dies zu einem Ergebnis der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte führt, das den von ihr ausgeübten Personalfunktionen, den ihr zugeordneten Vermögenswerten sowie den ihr zugeordneten Chancen und Risiken im Verhältnis zum übrigen Unternehmen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht.[2] Für den Ansatz eines höheren Dotationskapitals ist somit zunächst eine Funktions- und Risikoanalyse für die Betriebsstätte und das übrige Unternehmen durchzuführen, um daraus ein fremdübliches Ergebnis für die ausländische Versicherungsbetriebsstätte ableiten zu können und das über die Mindestkapitalausstattungsmethode nach § 26 Abs. 1 BsGaV ermittelte Dotationskapital entsprechend anzupassen. Methodisch handelt es sich hierbei um den Thin Capitalisation/Adjusted Regulatory Minimum Approach, der im OECD-Betriebsstättenbericht als eine AOA-konforme Methode akzeptiert wird.[3] Ausgehend vom aufsichtsrechtlichen Mindestkapital ist dabei zu untersuchen, ob Anpassungen an die Eigenkapitalausstattung der Betriebsstätte vorzunehmen sind, um zu einem fremdüblichen Ergebnis auf Basis des Funktions- und Risikoprofils zu gelangen. Alternativ sollte es im Rahmen von § 26 Abs. 2 Satz 1 BsGaV auch möglich sein, ein fremdübliches Ergebnis über die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV zu ermitteln, die über eine funktions- und risikobasierte Aufteilungssystematik ebenfalls den Fremdvergleichsgrundsatz abbildet.

 

Rz. 3553

[Autor/Stand] Obergrenze: modifizierte Kapitalaufteilungsmethode. § 26 Abs. 2 Satz 2 BsGaV enthält eine Einschränkung zur Öffnungsklausel nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BsGaV, wonach das Dotationskapital der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte den Betrag nicht übersteigen darf, der sich aus der Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV ergibt. Wie bereits § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV, der eine Begrenzung der Öffnungsklausel nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV vorsieht, regelt § 26 Abs. 2 Satz 2 BsGaV ausschließlich eine Obergrenze für die Anwendung der Öffnungsklausel nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BsGaV.[5] Hat die ausländische Versicherungsbetriebsstätte somit unter Anwendung von § 26 Abs. 1 BsGaV entsprechend des ausländischen Versicherungsaufsichtsrechts ein höheres Dotationskapital als unter der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode auszuweisen, ist die Obergrenze nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BsGaV nicht anwendbar. Dies entspricht auch der vom Verordnungsgeber vorgesehenen Beschränkung der Untergrenze für das Dotationskapital im Inbound-Fall auf die Öffnungsklausel in § 25 Abs. 3 BsGaV (vgl. Anm. 3546).

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2019
[2] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 121, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien S. G 48.
[3] Vgl. OECD, Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments v. 22.7.2010, http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/45689524.pdf, Part IV, Rz. 153 ff.
[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2019
[5] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 121, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien S. G 48.

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