(2) 1 Üben verschiedene Bankbetriebsstätten im Hinblick auf einen Vermögenswert gleichzeitig jeweils eine Personalfunktion aus, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, so ist der Vermögenswert der Bankbetriebsstätte zuzuordnen, deren Personalfunktion die größte Bedeutung zukommt. 2 Diese Personalfunktion gilt als unternehmerische Risikoübernahmefunktion. 3 Die Zuordnung bestimmt sich nach den Personalfunktionen, die bis zum Zeitpunkt der Entstehung des jeweiligen Vermögenswerts ausgeübt werden. 4 Der Bankbetriebsstätte, die die unternehmerische Risikoübernahmefunktion im Hinblick auf einen Vermögenswert ausübt, werden der Vermögenswert sowie die mit dem Vermögenswert zusammenhängenden Chancen und Risiken zugeordnet.

 

Rz. 3413

[Autor/Stand] Vermeidung von Zuordnungskonflikten. In der Praxis wird die Entscheidung über die Identifikation der unternehmerischen Risikoübernahmefunktion und mithin die Zuordnung eines Vermögenswerts häufig wohl nicht eindeutig zu treffen sein. So ist es denkbar, dass strategische Entscheidungen der Geschäftsleitungsbetriebsstätte erhebliche Auswirkungen auf die Kreditkonditionen haben, die von einer Bankbetriebsstätte festgelegt werden. Zudem lässt sich häufig auch die Kundenbeziehung nicht eindeutig zuordnen, wenn z.B. der Erstkontakt über die Geschäftsleitungsbetriebsstätte stattfindet, aber der Kreditvertrag von der lokalen Bankbetriebsstätte geschlossen wird. Schließlich ist es durchaus üblich, dass Funktionen wie Kundenakquisition, Verhandlung, Risk-Monitoring, Vergabeentscheidung und Vertragsabschluss zum Teil in der Geschäftsleitungsbetriebsstätte und zum Teil in der lokalen Bankbetriebsstätte ausgeübt werden.[2] Das heißt, es kommt potenziell zu Zuordnungskonflikten, da Betriebsstätte(n) und/oder Geschäftsleitungsbetriebsstätte jeweils sowohl Personalfunktionen ausüben, die dazu führen, dass die mit den betreffenden Vermögenswerten verbundenen Chancen und Risiken entstehen, als auch andere, insoweit unbeachtliche, Personalfunktionen ausüben. Für solche Fälle sieht § 19 Abs. 2 BsGaV eine Fiktion vor. Danach ist zunächst die Personalfunktion mit der "größten Bedeutung" zu identifizieren; diese gilt sodann als unternehmerische Risikoübernahmefunktion und gibt folglich die Zuordnung des betreffenden Vermögenswerts vor. Auch hier sollen nur solche Personalfunktionen von Relevanz sein, die bis zum Entstehen des Vermögenswerts ausgeübt werden. Für den anderen Teil der Personalfunktion ist entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz eine angemessene Vergütung anzusetzen (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV, Anm. 3325). Dies gilt sowohl für Kreditgeschäfte als auch für Handelsgeschäfte.[3]

 

Rz. 3414

[Autor/Stand] Bestimmung nach qualitativen Kriterien. Wie die Personalfunktion mit der größten Bedeutung zu bestimmen ist, gibt die BsGaV nicht vor. Ausweislich der VWG BsGa soll es insoweit vorrangig auf qualitative Kriterien ankommen (Anm. 2945).[5] Zudem ist – so die Auffassung der Finanzverwaltung – im Kreditgeschäft regelmäßig die Sales/Trading-Funktion, im Handelsgeschäft hingegen die Trading & Day-to-day-Risk-Management-Funktion die unternehmerische Risikoübernahmefunktion.[6] Werden verschiedene Teile des Sales/Trading in verschiedenen Bankbetriebsstätten ausgeübt, ist im Regelfall die Personalfunktion, durch die die Vertragsbedingungen mit den Kunden inhaltlich, d.h. unabhängig vom formalen Vertragsschluss, festgelegt werden, die unternehmerische Risikoübernahmefunktion. Werden die Vertragsbedingungen mit dem Kunden durch die Personalfunktion einer Bankbetriebsstätte ausgehandelt und ist eine Zustimmung durch Personalfunktionen einer anderen Bankbetriebsstätte erforderlich, kann nach Auffassung der Finanzverwaltung eine solche Zustimmung die unternehmerische Risikoübernahmefunktion sein, wenn eine erneute eigene Kreditprüfung, eine Weisung für die weitere Verhandlung und inhaltlich die abschließende Kreditentscheidung durch die andere Betriebsstätte erfolgt.[7] Werden im Handelsgeschäft Personalfunktionen des Trading & Day-to-day-Risk-Management in verschiedenen Bankbetriebsstätten ausgeübt, ist im Regelfall die Personalfunktion, durch die die Entscheidung über den Abschluss einer Handelstransaktion und deren Bedingungen getroffen werden, die Personalfunktion mit der größten Bedeutung und damit die unternehmerische Risikoübernahmefunktion.[8] Vor diesem Hintergrund ist eine detaillierte Funktions- und Risikoanalyse der beteiligten Betriebsstätten durchzuführen, um jeweils deren Wertschöpfungsbeiträge im Hinblick auf das Entstehen von mit einem Vermögenswert verbundenen Chancen und Risiken zu ermitteln.[9] Damit kommt formalen Aspekten (wie z.B. Unterzeichnung eines Kreditvertrags) keine Bedeutung zu; vielmehr ist die Beurteilung nach wirtschaftlichen Maßstäben vorzunehmen.[10] Im Ergebnis setzt die Zuordnung eines Vermögenswerts eine tiefgreifende Struktur- und Funktionsanalyse der Bankbetriebsstätte im Verhältnis zum übrigen Unternehmen sowie eine umfassende Dokumentation mit ein...

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