Rz. 3514

[Autor/Stand] Zuordnung des Versicherungsvertrags als Ausgangsbasis für die Gewinnaufteilung. Durch die Übernahme des Versicherungsrisikos und den Abschluss eines Versicherungsvertrags ist das Versicherungsunternehmen verpflichtet, versicherungstechnische Rückstellungen zu bilden. Diese richten sich im Inland nach §§ 341e bis 341h HGB. Die Rückstellungen umfassen Rückstellungen für Beitragsüberträge, Rückstellungen für Beitragsrückerstattung, Rückstellungen für drohende Verluste aus dem Versicherungsgeschäft (§ 341e HGB), Deckungsrückstellungen (§ 341f HGB), Rückstellungen für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle (§ 341g HGB) sowie Schwankungsrückstellungen und ähnliche Rückstellungen (§ 341h HGB). Einer Versicherungsbetriebsstätte, der nach § 24 Abs. 1 BsGaV ein Versicherungsvertrag zuzuordnen ist, sind damit auch die mit dem Versicherungsvertrag zusammenhängenden versicherungstechnischen Rückstellungen zuzuweisen. Diese Rückstellungen sind entsprechend aufsichtsrechtlichen Vorschriften mit Vermögenswerten, insbesondere Kapitalanlagen, zu decken, die ebenfalls – für steuerliche Zwecke bspw. auf Basis des § 25 Abs. 1 BsGaV – der Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnen sind. Die Zuordnung der Kapitalanlagen bedingt wiederum die Verteilung der Kapitalerträge. Zugleich ist der der Versicherungsbetriebsstätte zugewiesene Versicherungsvertrag auch mit Prämienzahlungen des Versicherungsnehmers verbunden, deren Zuordnung sich ebenfalls nach dem Versicherungsvertrag richtet. Schließlich folgen auch die Betriebsausgaben aus der Bildung der versicherungstechnischen Rückstellungen der Zuordnung des Versicherungsvertrags. Aus dieser Zuordnungssystematik wird deutlich, dass die gesamte Gewinnaufteilung zwischen Versicherungsstammhaus und Versicherungsbetriebsstätte im Wesentlichen von der Zuordnung der Versicherungsverträge abhängt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Vermögenswerte, Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben, Chancen und Risiken nicht vom Versicherungsvertrag getrennt werden.[2]

 

Rz. 3515

[Autor/Stand] Zweistufiger Ansatz der Gewinnaufteilung. Die Betriebsstättengewinnaufteilung für Unternehmen der Versicherungsbranche entspricht dem zweistufigen Ansatz der Gewinnaufteilung für Betriebsstätten im Allgemeinen.[4] In der ersten Stufe wird die Betriebsstätte als eigenständiges und unabhängiges Unternehmen abgegrenzt. Dies umfasst die folgenden Schritte: (i) die Identifizierung der Funktionen, die Bestandteil der unternehmerischen Risikoübernahmefunktion sind und damit für die Übernahme des Versicherungsrisikos und die Zuordnung dieses Risikos zur Betriebsstätte entscheidend sind, (ii) die Bestimmung eines angemessenen Anteils an den Kapitalanlagen des Versicherungsunternehmens, der zur Deckung des Versicherungsrisikos der Betriebsstätte erforderlich ist, und die Zuteilung dieser Kapitalanlagen zur Betriebsstätte, (iii) die Identifizierung der wesentlichen Personalfunktionen für die Übernahme anderer Risiken und die Zuordnung dieser Risiken zur Betriebsstätte, (iv) die Identifizierung der wesentlichen Personalfunktionen für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums an den sonstigen Vermögenswerten und die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums dieser Vermögenswerte zur Betriebsstätte, (v) die Identifizierung sonstiger Funktionen der Betriebsstätte und (vi) die Bestimmung der anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Betriebsstätte und den anderen Teilen des Versicherungsunternehmen. Für die Schritte (i) und (ii) gelten dabei insbesondere die Sonderregelungen der §§ 2428 BsGaV, während für die Schritte (iii) bis (vi) der erste Abschnitt der BsGaV zur Anwendung kommt. Die Betriebsstätte soll durch die erste Stufe der Gewinnaufteilung einem eigenständigen und unabhängigen Unternehmen fiktiv gleichgestellt werden. Von der Selbstständigkeitsfiktion wird allerdings die Frage der Kreditwürdigkeit der Betriebsstätte ausgenommen. Anders als verbundene Konzerngesellschaften weisen alle Teile eines Versicherungsunternehmens die gleiche Kreditwürdigkeit auf.[5] Diese zentrale Ausnahme von der Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte hat u.a. Auswirkung auf die (Nicht-)Anerkennung der Mindestkapitalausstattungsmethode als fremdübliche Methode zur Ermittlung des Dotationskapitals bei Versicherungsbetriebsstätten (vgl. hierzu Anm. 3545). Auf der zweiten Stufe der Gewinnaufteilung folgt anschließend die Verrechnungspreisbestimmung für die anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen der Betriebsstätte – unter Anwendung der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien.

 

Rz. 3516

[Autor/Stand] Anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen. Die BsGaV enthält keine Sonderregelungen zu anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen bei Versicherungsbetriebsstätten. Damit gelten nach § 23 BsGaV die allgemeinen Regelungen des § 16 BsGaV. Durch die Gewinnaufteilung im Rahmen der §§ 2428 BsGaV werden der Betriebsstätte zunächst lediglich die Gewinne zugeordnet, die ihr als "Eigentümer" der versicherungstechnischen Risik...

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