Rz. 3554

[Autor/Stand] Sonderfälle. § 26 Abs. 3 BsGaV regelt die Fälle, in denen das inländische Versicherungsunternehmen den Regelungen des ausländischen Versicherungsaufsichtsrechts zur Mindestkapitalausstattung folgt und der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte aufgrund dieser Regelungen ein höheres Dotationskapital zugewiesen wird, als im Rahmen der Öffnungsklausel von § 26 Abs. 2 Satz 1 BsGaV vorgesehen ist. Dabei ist erstmals auch auf die unterschiedlichen nationalen aufsichtsrechtlichen Vorgaben über die Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen einzugehen, die die OECD dazu veranlasst haben, Regelungen für die gesamte Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen zu erstellen anstelle gesonderter Vorschriften über die Höhe des Dotationskapitals einerseits und die Höhe der versicherungstechnischen Rückstellungen und sonstigen Passiva andererseits (vgl. auch Anm. 3535). So ist bei der Prüfung von § 26 Abs. 3 Satz 1 BsGaV auf die Summe des Dotationskapitals und der versicherungstechnischen Rückstellungen abzustellen und nicht allein auf die Höhe des Dotationskapitals nach ausländischem Versicherungsaufsichtsrecht.[2] Nur wenn diese Summe nach ausländischem Versicherungsaufsichtsrecht die Summe nach inländischem Versicherungsaufsichtsrecht übersteigt, ist § 26 Abs. 3 Satz 1 BsGaV anzuwenden. Im Gegensatz zu § 26 Abs. 1 Satz 1 BsGaV ist dabei auf die tatsächliche nach ausländischem Aufsichtsrecht geforderte Kapitalausstattung abzustellen und nicht auf das hypothetische Eigenkapital, das die ausländische Versicherungsbetriebsstätte aufweisen müsste, wenn sie ein eigenständiges Versicherungsunternehmen wäre.

 

Rz. 3555

[Autor/Stand] Kritische Anmerkung. Grundsätzlich ist diese weitere Öffnungsklausel zwar zu begrüßen, da dadurch das Doppelbesteuerungsrisiko verringert wird, das sich aus dem zwingenden Ansatz eines höheren Dotationskapitals im Ausland, als nach inländischen Vorschriften vorgesehen, ergibt. Allerdings gilt auch hier, dass der Ansatz des aufsichtsrechtlich geforderten Eigenkapitals als steuerliches Dotationskapital grundsätzlich nicht eine von der OECD anerkannte Methode ist, da dadurch dem Funktions- und Risikoprofil der Betriebsstätte und des übrigen Unternehmens nicht ausreichend Rechnung getragen wird (vgl. auch Anm. 3550).[4] Anders als bei § 26 Abs. 1 Satz 1 BsGaV wird für § 26 Abs. 3 Satz 1 BsGaV jedoch nicht ein fiktiver Sachverhalt zugrunde gelegt (ausländische Versicherungsbetriebsstätte als eigenständiges Versicherungsunternehmen), sondern auf das tatsächlich zwingend auszuweisende Dotationskapital im Ausland abgestellt, das auch andere Versicherungsbetriebsstätten ausweisen müssten. Dadurch wird auch dem Fremdvergleichsgrundsatz besser Rechnung getragen als durch die Mindestkapitalausstattungsmethode nach § 26 Abs. 1 BsGaV. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass § 26 Abs. 3 Satz 1 BsGaV auch dann anzuwenden ist, wenn dadurch der Wert des Dotationskapitals höher ausfällt als bei Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode, der Obergrenze unter der Öffnungsklausel nach § 26 Abs. 2 BsGaV.[5]

 

Rz. 3556

[Autor/Stand] Einschränkung. § 26 Abs. 3 Satz 2 BsGaV enthält die Einschränkung, dass der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte nur dann ein höheres Dotationskapital nach § 26 Abs. 3 Satz 1 BsGaV zuzuweisen ist, soweit dem übrigen Unternehmen dadurch rechnerisch mindestens so viel Kapital verbleibt, wie nach inländischen Versicherungsaufsichtsrecht erforderlich wäre. Zweck dieser Regelung ist es, eine rechnerische Unterkapitalisierung des inländischen Teils des Versicherungsunternehmens zu vermeiden.[7] Der Zusatz "rechnerisch" macht deutlich, dass die tatsächliche Kapitalisierung des Versicherungsunternehmens nach Versicherungsaufsichtsrecht unerheblich ist und es lediglich auf das fiktive Eigenkapital des inländischen Teils des Versicherungsunternehmens ankommt. Wenn jedoch das Versicherungsunternehmen als Ganzes nach dem anzuwendenden Versicherungsaufsichtsrecht über eine ausreichende Kapitalisierung verfügt und davon der ausländischen Betriebsstätte der Anteil zugeordnet wird, den diese zwingend nach ausländischem Versicherungsaufsichtsrecht ausweisen muss, ist nicht verständlich, weshalb nun zusätzlich eine rein rechnerische Unterkapitalisierung des übrigen Unternehmens berücksichtigt werden soll. Die Einschränkung ist zugleich eine Verschärfung gegenüber der Regelung in den VWG Betriebsstätten, die bei einer Dotierung der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte nach den dortigen aufsichts- oder steuerrechtlichen Vorschriften nur gefordert hatten, dass in diesem Fall dem inländischen Stammhaus das für die Ausübung seiner Funktion im Rahmen des Gesamtunternehmens erforderliche Eigenkapital nicht entzogen wird.[8] Begründet wird diese Einschränkung mit dem fiktiven Sachverhalt eines eigenständigen Versicherungsunternehmens im Inland, dessen Eigenkapitalausstattung als Vergleichsmaßstab herangezogen wird.[9] Dies entspricht dem Gedanken der Mindestkapitalaussta...

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