Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 255
Form und Frist der Antragstellung. Die Steueranrechnung nach § 34 c Abs. 1 erfolgt grundsätzlich von Amts wegen, ohne dass es insoweit eines förmlichen Antrags bedarf (vgl. Anm. 165). Entscheidet sich der unbeschränkt Stpfl. anstelle der Steueranrechnung für den Steuerabzug gem. § 34 c Abs. 2, so muss er den Steuerabzug beim FA beantragen. Der Antrag wird idR zusammen mit der Steuererklärung gestellt. Dies ist jedoch keine Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 34 c Abs. 2. Der Antrag kann sowohl vor Abgabe der Steuererklärung gestellt, als auch bis zur Bestandskraft der maßgeblichen Veranlagung nachgeholt werden. In einem Finanzgerichtsprozess muss der Antrag in der ersten Instanz vor Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Wird eine Veranlagung im Rahmen einer Außenprüfung oder aus anderem Grund neu aufgerollt, so kann der Antrag auch in diesem Verfahren noch gestellt werden. Ändert sich die Höhe der ausländischen Steuer und kommt es deshalb zu einer Änderung der inländischen Steuerfestsetzung, so kann die Antragstellung auch in diesem Verfahren noch erfolgen.
Rz. 256
Wann sollte der Antrag zweckmäßigerweise gestellt werden? Es fragt sich, wann der gewillkürte Steuerabzug dem unbeschränkt Stpfl. Nutzen bringt, wann er also sein Wahlrecht richtigerweise zugunsten des Steuerabzugs ausüben sollte. Der Antrag, die ausländischen Steuern bzw. die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, kann nur dann sinnvoll sein, wenn die ausländische Steuer nicht in voller Höhe auf die deutsche Einkommensteuer anrechenbar ist. Da die Anrechnung nach § 34 c Abs. 1 die deutsche Einkommensteuer unmittelbar mindert, während sich der Steuerabzug gem. § 34 c Abs. 2 jedoch nur auf die Bemessungsgrundlage auswirkt, ist die Steueranrechnung, wenn sie die volle ausländische Steuer erfasst, regelmäßig günstiger als der gewillkürte Steuerabzug. Eine Ausnahme kann wegen der Gewerbesteuer-Wirkung des Abzugs eintreten. Kann die ausländische Steuer nicht in voller Höhe angerechnet werden, muss im Einzelfall gerechnet werden, ob der Abzug von der Bemessungsgrundlage günstiger ist. Tendenziell gilt, dass je höher der Betrag der nicht anzurechnenden ausländischen Steuer ist, desto eher der Abzug von der Bemessungsgrundlage in Erwägung zu ziehen ist.
Rz. 257
Einzelfälle. Der Antrag, die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, kann in folgenden Fällen gegenüber der Steueranrechnung nach § 34 c Abs. 1 günstiger sein:
- 1. wenn aufgrund von Verlusten in dem betreffenden VZ keine deutsche Einkommensteuer zu entrichten ist (in diesem Fall wird durch den gewillkürten Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte die ausländische Steuer wenigstens potenziell über den Verlustrück- bzw. -vortrag berücksichtigt);
- 2. wenn die ausländischen Einkünfte auf der Grundlage der anzuwendenden deutschen Einkunftsermittlungsvorschriften zu einem Verlust führen (in diesem Fall ergibt sich keine deutsche Einkommensteuer, die auf die ausländischen Einkünfte erhoben wird; der Steuerabzug nach § 34 c Abs. 2 mindert dennoch die Bemessungsgrundlage der tariflichen Einkommensteuer und ggf. die Gewerbeertragsteuer);
- 3. wenn der Anrechnungshöchstbetrag deutlich niedriger ist als die ausländische Steuer (bei Anwendung des § 34 c Abs. 1 wirkt sich der Anrechnungsüberhang nicht aus, während er beim gewillkürten Steuerabzug nach § 34 c Abs. 2 in voller Höhe zum Abzug gelangt. Da die Steueranrechnung allerdings grundsätzlich günstiger als der Steuerabzug ist, lohnt sich bei einem geringfügigen Anrechnungsüberhang die Antragstellung nach § 34 c Abs. 2 noch nicht. Im Einzelfall müssen beide Alternativen gerechnet und die günstigere gewählt werden).
Rz. 258
Kriterien für die Ausübung des Wahlrechts. Für die Ausübung des Wahlrechts lassen sich damit folgende Kriterien festhalten:
- 1. Die Steueranrechnung ist immer günstiger als der gewillkürte Steuerabzug, wenn der Anrechnungshöchstbetrag (mindestens) so groß ist wie die ausländische Steuer.
- 2. Der gewillkürte Steuerabzug ist zumindest nicht ungünstiger als die Steueranrechnung, wenn die ausländische Steuer tatsächlich insgesamt nicht angerechnet werden kann.
- 3. Der gewillkürte Steuerabzug ist idR günstiger als die Steueranrechnung, wenn der Anrechnungshöchstbetrag kleiner ist als das Produkt aus ausländischer Steuer und durchschnittlichem inländischen Steuersatz. In Grenzfällen sind allerdings Einzelberechnungen zu empfehlen.