..., wenn der Steuerpflichtige nicht glaubhaft macht, dass ein anderer Wert innerhalb des Einigungsbereichs dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.

 

Rz. 1057

[Autor/Stand] Widerlegbare Vermutung. Allerdings handelt es sich bei der hälftigen Teilung des Einigungsbereichs um eine widerlegbare Vermutung. Der Steuerpflichtige muss hierzu glaubhaft machen, dass ein anderer Wert als der Mittelwert dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Hierbei erfordert die Glaubhaftmachung ein herabgesetztes Beweismaß. Der Steuerpflichtige muss darlegen, dass für die behauptete Tatsache – der behauptete Wert entspricht dem Fremdvergleichsgrundsatz – "eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gegeben ist"; d.h., das Bestehen der behaupteten Tatsache "wahrscheinlicher ist als ihr Nichtbestehen"[2].

Fraglich ist, wie diese tautologische Glaubhaftmachung in praxi bewerkstelligt werden kann. Denn innerhalb des Einigungsbereichs entspricht jeder Wert dem Fremdvergleichsgrundsatz, weil jeder dieser Werte – und zwar mit der gleichen Wahrscheinlichkeit – auch zwischen fremden Dritten (hypothetisch) vereinbart werden könnte. Der Gesetzgeber führt für die Glaubhaftmachung eines bestimmten Werts innerhalb des Einigungsbereichs die für Zwecke des § 1 Abs. 3 Satz 3, d.h. die i.R. der Vergleichbarkeitsanalyse u.a. heranzuziehenden Vergleichbarkeitsfaktoren, relevanten rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte an.[3] Zu den rechtlichen Gesichtspunkten sollen u.a. die vertraglichen Bedingungen eines Geschäftsvorfalls, soweit diese mit dem tatsächlichen Verhalten einander nahestehender Vertragspartner übereinstimmen, sowie insbesondere nicht abdingbare, zivilrechtliche Gegebenheiten gehören.[4] Zu den in wirtschaftlicher Hinsicht relevanten Aspekten sollen neben den ausgeübten Funktionen, kontrollierten Risiken und eingesetzten Vermögenswerten insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten und die Verhältnisse des für den Geschäftsvorfall relevanten Marktes, einschließlich Standortvorteilen sowie aller rechtlichen Rahmenbedingungen und Begleitumstände, die von den Beteiligten verfolgten Geschäftsstrategien sowie die Eigenschaften übertragener oder überlassener Vermögenswerte oder erbrachter Dienstleistungen gehören.[5] Nach Auffassung der Finanzverwaltung in den VWG-Funktionsverlagerung[6] bleibt für die Glaubhaftmachung eines anderen Werts als des Mittelwerts die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit der Transaktionspartner unberücksichtigt. Demgegenüber können als Kriterien die jeweiligen Marktpositionen, das jeweilige mit der Transaktion verbundene Interesse, die Kapitalausstattung und Ertragslage der Kontrahenten, die Entstehung von Synergieeffekten und Standortvorteilen herangezogen werden. Ferner sind – unter Verweis auf die Auffassung der OECD[7] – die Handlungsalternativen der Parteien zu beachten. Wichtig wird hier sein, dass die unternehmensseitig angelegten Kriterien bereits bei der Erfüllung der Dokumentationspflichten hinreichend dargelegt werden.[8]

 

Rz. 1058

[Autor/Stand] Wahlrecht für einen abweichenden Wertansatz. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 6 Halbs. 2 ist fraglich, ob der Steuerpflichtige verpflichtet ist, einen Wert innerhalb des Einigungsbereichs "glaubhaft" zu machen. Geht man – wie hier vertreten – von einer widerlegbaren Vermutung der hälftigen Teilung aus, wird – rationales Verhalten unterstellt – die Glaubhaftmachung eines anderen Werts innerhalb des Einigungsbereichs nur dann anzustreben sein, wenn hierdurch eine für den Steuerpflichtigen günstigere Aufteilung des Einigungsbereichs erreicht werden kann. Auch lässt sich der Auffassung der Finanzverwaltung in den VWG-Funktionsverlagerung kein Hinweis darauf entnehmen, dass verwaltungsseitig von einer diesbezüglichen Verpflichtung ausgegangen wird. Gegen eine solche Verpflichtung spricht das Beispiel in Rz. 128 der VWG-Funktionsverlagerung, wenn von einer "insoweit [...] abweichenden Aufteilung des Einigungsbereichs" im Zusammenhang mit der Glaubhaftmachung eines anderen Wertansatzes die Rede ist.[10] Dies impliziert grundsätzlich eine gesetzliche – allerdings widerlegbare – Aufteilung von Einigungsbereichen.

Demgegenüber vertritt Zech die Auffassung, dass es Sache des Steuerpflichtigen sei, im Rahmen der Dokumentation glaubhaft zu machen, dass kein anderer Wert angesetzt werden kann.[11] Eine Verpflichtung des Steuerpflichtigen soll sich – bezogen auf die vorgehende Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. – aus dem "Zusammenspiel von § 90 Abs. 3 AO und § 1 Abs. 3 Satz 7 Halbs. 2 AStG " ergeben.[12] Hiernach soll der Steuerpflichtige gehalten sein, bei ihm vorliegenden Erkenntnissen, nach denen ein höherer Wert als der Mittelwert zum Ansatz kommt, eben diesen Wert zugrunde zu legen. Ferner geht Zech von einer Verpflichtung des Steuerpflichtigen aus, die Unmöglichkeit einer anderweitigen Wertfindung wiederum glaubhaft zu machen.[13] Insofern käme es hierfür auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit an.

Was letztere Verpflichtung anbelangt, en...

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