Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
a) Verhältnis von einkommensteuerlicher Zurechnung gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 und EU-Recht
Rz. 74
Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2. Im Schrifttum wird zu Recht die Frage diskutiert, ob die einkommensteuerliche Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 eine ungerechtfertigte Beschränkung der Grundfreiheiten bewirkt. Auch wenn diese Frage berechtigt ist, so bedarf sie doch aus unserer Sicht keiner Vertiefung. Denn die Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 1 setzt voraus, dass die Person i.S. des § 2 bei (fiktiver) unbeschränkter Steuerpflicht mit den von der ausländischen Gesellschaft erzielten Einkünften nach den §§ 7, 8 und 14 steuerpflichtig wäre. Damit ist auch der Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 für Beteiligungen an EU-/EWR-Gesellschaften uneingeschränkt anwendbar, und zwar unabhängig davon, wo die Person i.S. des § 2 tatsächlich ansässig ist (Fiktion der unbeschränkten Steuerpflicht!). Dadurch wird die EU-rechtliche Problematik für die Praxis deutlich entschärft. Anders als im Rahmen von § 20 Abs. 2 enthält § 5 auch keine Regelung, die die Anwendung von § 8 Abs. 2 ausdrücklich ausschließt. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, könnte die Anwendung des Gegenbeweises auf Grundlage der Rspr. des EuGH in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" nach eindeutiger Rspr. des BFH in der Schlussentscheidung "Columbus Container Services" (jedenfalls so) nicht verhindert werden. Mit der Veröffentlichung der Entscheidung im BStBl. Teil II hat die Finanzverwaltung zum Ausdruck gebracht, diese Rspr. anzuwenden. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Anwendung von § 8 Abs. 2 vgl. Anm. 153 ff. sowie die Kommentierung zu § 8 Anm. 400 ff.).
Rz. 75
Gegenbeweis nach allgemeinen Regeln. Sollten die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 nicht erfüllt, aber gemessen an den EU-/EWR-Grundfreiheiten zu eng sein, so können sich die Stpfl. ebenfalls nach den allgemeinen Regeln auf eine Beschränkung der EU-/EWR-Grundfreiheiten berufen. Die Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 bewirkt eine Diskriminierung der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft gegenüber einer Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft. Hierzu gelten unmittelbar die vom EuGH in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" entwickelten Grundsätze, dh. die Beschränkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn es sich bei der Beteiligung um eine rein künstliche Konstruktion handelt, die bar jeder wirtschaftlichen Realität ist. Die fiktive Steuerpflicht nach den §§ 7, 8 und 14 lässt keine andere Schlussfolgerung zu. Der BFH hat dies zur identischen Fiktion des § 20 Abs. 2 unzweideutig festgestellt. Für den Nachweis trägt der Stpfl. die Beweislast. Auch unter Anwendung der allgemeinen Regeln muss die Person i.S. des § 2 im Übrigen nicht in einem EU-/EWR-Staat ansässig sein, da § 5 Abs. 1 Satz 1 von einer uneingeschränkten Fiktion auch der unbeschränkten Steuerpflicht ausgeht.
b) Verhältnis von erbschaftsteuerlicher Zurechnung gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 und EU-Recht
Rz. 76
Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2. Nach hier vertretener Auffassung gehört die fiktive Steuerpflicht nach den §§ 7, 8 und 14 auch zu den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Satz 2 (vgl. Anm. 188). Die Finanzverwaltung sieht das ebenso. Folgt man dem, dann muss der Stpfl. auch den Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 für die Beteiligung an einer EU-/EWR-Gesellschaft führen können. Wegen der weiteren Einzelheiten vgl. die Ausführungen zu § 5 Abs. 1 Satz 1 (vgl. Anm. 74 f.).
Rz. 77
Gegenbeweis nach allgemeinen Regeln. Verneint man eine Anwendung von § 8 Abs. 2 oder hält man die Voraussetzungen dieser Vorschrift für zu eng, dann ergibt sich der Gegenbeweis unmittelbar aus...