Rz. 3525

[Autor/Stand] Ausübung des Versicherungsgeschäfts über eine Niederlassung. Ausländische Versicherungsunternehmen können im Inland das Versicherungsgeschäft entweder über eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr ausüben. Hierfür gelten folgende versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen:

  • Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat können im Inland das Versicherungsgeschäft im Dienstleistungsverkehr oder durch eine Niederlassung ausüben (§ 61 Abs. 1 VAG [§ 110a Abs. 1 VAG a.F.] bzw. für Rückversicherungsunternehmen § 169 Abs. 1 VAG [§ 121h Abs. 1 VAG a.F.]);
  • Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat können das Versicherungsgeschäft nur durch eine Niederlassung ausüben (§ 67 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 VAG [§ 106 Abs. 2 VAG a.F.]);
  • Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat dürfen das Versicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 VAG) oder unter bestimmten Voraussetzungen auch von ihrem Sitz aus betreiben (§ 67 Abs. 1 Satz 2 VAG [§ 121i Abs. 1 Satz 3 VAG a.F.]).

Begründet das ausländische Versicherungsunternehmen eine Niederlassung nach Versicherungsaufsichtsrecht im Inland, die eine inländische Versicherungsbetriebsstätte nach steuerlichen Kriterien ist, ist § 24 Abs. 5 BsGaV anzuwenden. Der Begriff der inländischen Versicherungsbetriebsstätte ist in § 23 BsGaV für steuerliche Zwecke unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 VAG definiert. Eine Niederlassung nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen liegt dann vor, wenn die Niederlassung auf Dauer als Außenstelle des Versicherungsunternehmens auftritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass sie in der genannten Weise Versicherungsgeschäfte mit Dritten betreiben kann.[2] Grundsätzlich begründen alle Erst- und Rückversicherungsunternehmen mit einer Niederlassung im Inland, die das Versicherungsgeschäft betreibt, eine inländische Versicherungsbetriebsstätte nach steuerlichen Kriterien. Ein ausländisches Versicherungsunternehmen, das im Inland das Versicherungsgeschäft im Dienstleistungsverkehr erbringt und damit keine versicherungsaufsichtsrechtliche Niederlassung unterhält, kann damit zwar eine inländische Versicherungsbetriebsstätte für steuerliche Zwecke halten; § 24 Abs. 5 BsGaV ist in diesem Fall jedoch nicht anzuwenden. Dies gilt für abhängige Vertreter mit Abschlussvollmacht, die nach Art. 5 Abs. 5 OECD-MA bzw. § 13 AO eine Betriebsstätte für steuerliche Zwecke begründen, wie auch – gemäß einzelner DBA – für abhängige Vertreter ohne Abschlussvollmacht, die im anderen Land Prämien einsammeln (vgl. Anm. 3505). In diesen Fällen gelten die allgemeinen Zuordnungsvorschriften des § 24 Abs. 1 BsGaV.[3] Wird das inländische Versicherungsgeschäft sowohl über eine Niederlassung als auch im Dienstleistungsverkehr betrieben, ist eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen. Für das in der Niederlassung durchgeführte Versicherungsgeschäft ist § 24 Abs. 5 BsGaV anwendbar, für die Aktivitäten im Dienstleistungsverkehr § 24 Abs. 14 BsGaV.[4]

 

Rz. 3526

[Autor/Stand] Versicherungsunternehmen aus EU-/EWR-Staaten und Drittstaaten. § 24 Abs. 5 BsGaV bezieht sich auf Niederlassungen i.S.d. §§ 106, 110a, 121h und 121i VAG (a.F.) und damit auf Niederlassungen von Erst- und Rückversicherern sowohl aus EU- und EWR-Staaten als auch aus Drittstaaten. Die Zuordnung des Versicherungsvertrags richtet sich in diesen Fällen nach dem Hauptbevollmächtigten, der nach § 68 Abs. 2 Satz 3 VAG (§ 106 Abs. 3 Satz 3 VAG [a.F.]) zum Abschluss des Versicherungsvertrags als ermächtigt gilt. § 68 VAG (§ 106 VAG [a.F.]) betrifft jedoch ausschließlich Versicherungsunternehmen aus einem Drittstaat. Der Anwendungsbereich von § 24 Abs. 5 BsGaV auf Versicherungsunternehmen aus EU- und EWR-Staaten ergibt sich gemäß der Verordnungsbegründung aus Art. 145 Abs. 2 Buchst. c der Solvency II-Richtlinie (2009/138/EG). Dieser schreibt vor, dass Versicherungsunternehmen, die eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat eröffnen möchten, der Aufsichtsbehörde u.a. "den Namen einer Person, die mit ausreichender Vollmacht versehen ist, um das Versicherungsunternehmen [...] Dritten gegenüber zu verpflichten und – auch bei den Behörden und vor den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats – zu vertreten (nachstehend 'Hauptbevollmächtigter' genannt)" mitteilen müssen. Die Regelung wurde über § 62 Abs. 1 Satz 2 VAG in nationales Recht umgesetzt. Auch Niederlassungen von Versicherungsunternehmen aus EU- und EWR-Staaten müssen somit einen Hauptbevollmächtigten benennen, der zum Abschluss von Versicherungsverträgen ermächtigt ist. § 24 Abs. 5 BsGaV sollte somit in gleicher Weise für Versicherungsunternehmen aus EU- und EWR-Staaten wie auch aus Drittstaaten gelten, ungeachtet der Tatsache, dass § 24 Abs. 5 BsGaV nur einen direkten Verweis auf Hauptbevollmächtigte aus Drittstaaten enthält.[6]

 

Rz. 3527

[Autor/Stand] Unternehmerische Risikoübernahmefunktion im In...

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