Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
I. Entstehungsgeschichte
Rz. 1
Wenige Änderungen. § 10 hat in seiner Entstehungsgeschichte keine grundlegenden Änderungen erfahren. Dies beruht vor allem darauf, dass die Bestimmung nicht die Gesetzessystematik der Hinzurechnungsbesteuerung berührt, sondern eher als technische Durchführungsvorschrift verstanden werden muss. Gerade diese Tatsache hat im Ergebnis dazu geführt, dass die Bestimmung zunächst weniger im Brennpunkt der Diskussion stand und ihre große praktische Bedeutung eigentlich erst nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens offenbar wurde. Die der Vorschrift innewohnenden Mängel sind deshalb auch nicht rechtzeitig erkannt worden, was zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten und Unsicherheiten führen muss. Diese Feststellung gilt einmal für den Begriff des Hinzurechnungsbetrags i.S. von § 10 Abs. 2, der anscheinend mit dem entsprechenden Begriff des § 10 Abs. 1 identisch ist, in Wirklichkeit aber mit diesem gar nicht identisch sein kann (vgl. Anm. 141). Dies gilt darüber hinaus aber auch für die Anwendung ausländischer Gewinnermittlungsvorschriften, für den gesamten Bereich der Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften sowie für die Möglichkeit eines Verlustvortrages gem. § 10 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 10 d EStG, die an die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 keinen rechten Anschluss hat.
Rz. 2
Begriff des Hinzurechnungsbetrages im 1. RefE. Der Begriff des Hinzurechnungsbetrags i.S. von § 10 Abs. 1 war schon im 1. RefE so definiert, wie er schließlich auch Gesetz geworden ist. In gleicher Weise war die zeitverschobene Hinzurechnung, die dem Gedanken einer „quasi-Ausschüttung” angepasst ist, von Anfang an vorgesehen. Änderungen hat der 1. RefE insoweit erfahren, als ursprünglich nur die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von diesen „Einkünften” erhobenen Steuern als abziehbar berücksichtigt werden sollten. Diese Abzugsfähigkeit von Steuern wurde aber bereits im 2. RefE auf die Vermögensteuern der ausländischen Gesellschaft erweitert. Schließlich wurde während der Beratungen des Finanzausschusses des Bundestages die weitere Einschränkung in § 10 Abs. 1 aufgenommen, wonach abziehbare Steuern nur in dem Jahr berücksichtigt werden können, in dem sie entrichtet werden.
Rz. 3
Änderungen in § 10 Abs. 3. Die wesentlichen Änderungen zu § 10 betreffen dessen Abs. 3. Hier war sowohl im 2. als auch im 3. RefE ausdrücklich niedergelegt, dass bereits eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Voraussetzungen einer ordnungsmäßigen Buchführung erfüllt und somit zum Verlustausgleich nach § 10 d EStG berechtigt. In seiner letzten Fassung spricht das Gesetz nur noch davon, dass eine Gewinnermittlung entsprechend den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG einer solchen nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG gleichsteht. Für die Auslegung der jetzt geltenden Fassung stellt sich bis 1974 die Frage, inwieweit ein Stpfl., der seine Zwischeneinkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, die mit der Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung verbundenen steuerlichen Vorteile in Anspruch nehmen kann. Für nach dem 30.12.1974 endende Wirtschaftsjahre der ausländischen Zwischengesellschaften ist diese Frage allerdings durch § 10 d EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des EStG v. 20.4.1976 obsolet geworden.
Rz. 4
Bezugnahme auf § 6 b EStG. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der 2. RefE eine sehr umfangreiche Bezugnahme auf § 6 b EStG vorsah, die aber bereits im 3. RefE wieder fortgefallen ist. Man kann daraus jedoch nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass § 6 b EStG bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags überhaupt nicht anzuwenden sei. Vielmehr ist lediglich eine sinngemäße Anwendung des § 6 b EStG bei der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und dem Erwerb von Anteilen an einer anderen Kapitalgesellschaft fraglich geworden.
Rz. 5
§ 10 Abs. 5 a.F. Von großer Wichtigkeit ist auch die erst im KabE aufgenommene Regelung des § 10 Abs. 5 a.F., die, wiederum dem Gedanken der „quasi-Ausschüttung” folgend, auf den Hinzurechnungsbetrag die in den DBA enthaltenen Regelungen über Ausschüttungen für entsprechend anwendbar erklärt.
Rz. 6
StÄndG 1992 v. 25.2.1992. Durch Art. 17 Nr. 4 StÄndG 1992 wurde dem § 10 ein Abs. 6 angefügt, dessen Ziel es sein sollte, die Erzielung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter durch eine Zwischengesellschaft zu bekämpfen, an der mindestens ein Steuerinländer zu mindestens 10 v.H. beteiligt war. Gem. § 21 Abs. 7 war § 10 Abs. 6 erstmals für den Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum anzuwenden, für den Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31.12.1991 begann. § 10 Abs. 6 war mit „heißer Nadel” gestrickt. Ursprünglich wollte die Bundesregierung die Zwischengesellschaften mit Kapitalanlagecharakter durch Erlass eines § 15 a AStG bekämpfen. Von diesem Vorhaben hat sie kurzfristig abgelassen und sich stattdessen für eine ...