Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
I. Entstehungsgeschichte
Rz. 1
StMBG vom 21.12.1993. § 50 d Abs. 3 EStG war ursprünglich § 50 d Abs. 1 a EStG. Der Buchstabe "a" verdeutlich dabei, dass die Regelung erst nachträglich in § 50 d EStG aufgenommen worden ist. Historisch erklärt sie sich allein aus dem Umstand, dass nach der sog. "Monaco"-Entscheidung des BFH die allgemeine Missbrauchsbekämpfungsvorschrift des § 42 Abs. 1 AO nicht auf beschränkt Steuerpflichtige anwendbar sein sollte. So schuf man mit StMBG vom 21.12.1993 eine spezielle Missbrauchsbekämpfungsvorschrift für diese Personengruppe. Später hielt man daran fest (und verschärfte die Regelung sogar; s. Rz. 4), obwohl die diesbezügliche BFH-Rechtsprechung korrigiert worden war. Dass im Übrigen selbst der Gesetzgeber bei der Schaffung von § 50 d Abs. 1 a EStG Schwierigkeiten bei der Verwendung der Begriffe "und" sowie "oder" hatte, zeigt sich in den im Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen Korrekturen.
Rz. 2
StSenkG vom 23.10.2000. Durch StSenkG vom 23.12.2000 ist nur der Verweis des § 50 d Abs. 1 a EStG auf "§ 44d" in "§ 43b" geändert worden. Es handelt sich dabei um eine redaktionelle Folgeänderung aus der Änderung der Paragraphenreihenfolge bei den Vorschriften über die Kapitalertragsteuer.
Rz. 3
StÄndG 2001 vom 20.12.2001. Durch StÄndG vom 20.12.2001 wurde § 50 d Abs. 1 a EStG zu § 50 d Abs. 3 EStG. Die neue Stellung der Vorschrift sollte nach der Gesetzesbegründung deutlich machen, dass sie sowohl in den Fällen des § 50 d Abs. 1 EStG a.F. (Erstattung) als auch in den Fällen des § 50 d Abs. 2 EStG a.F. (Freistellung) galt. Zudem wurde die von § 50d Abs. 1a EStG a.F. adressierte "Steuerentlastung (Steuerbefreiung oder -ermäßigung nach § 43 b oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung)" ersetzt bzw. präzisiert durch die "völlige oder teilweise Entlastung nach Absatz 1 oder 2" bzw. die "Erstattung oder Freistellung". Damit wurde die Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG auf den Zugang zum Freistellungs- und Erstattungsverfahren bezogen. Diese Änderung hat der Gesetzgeber durch das AbzStEntModG v. 2.6.2021 (vgl. Rz. 6) wieder rückgängig gemacht und den Gegenstand des § 50d Abs. 3 EStG – ähnlich der Regelung des § 50d Abs. 1a EStG – wieder auf die materiell-rechtliche Entlastungsnorm bezogen (vgl. Rz. 138).
Rz. 4
JStG 2007 vom 13.12.2006. Die verschärfenden Änderungen, die § 50 d Abs. 3 EStG durch das JStG 2007 vom 13.12.2006 erfahren hat, können sich in der Historie abermals nur als Reaktion auf unliebsame BFH-Rechtsprechung erklären. Während der I. Senat des BFH in der sog. "Hilversum I" Entscheidung” noch eine (für den Steuerpflichtigen) eher restriktive Sichtweise eingenommen hatte, ist das Gericht in der sog. "Hilversum II" Entscheidung” davon abgerückt. Als Konsequenz wurde die Entscheidung von der Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungsschreiben belegt. Im Schrifttum ist das auf erhebliche Kritik gestoßen. Dies hat jedoch nichts daran geändert, dass das Nichtanwendungsschreiben im Wesentlichen Gesetz geworden ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Neuregelung "eine Klarstellung [bezwecken], was Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist" sowie "der Festigung und Konkretisierung dieser Vorschrift als Missbrauchsregelung" dienen. Mit Klarstellung dürfte dabei allerdings eher die spezielle Interpretation des Gesetzes durch die Finanzverwaltung als die nach dem Auslegungskanon mögliche allgemeine Interpretation des Wortlautes gemeint sein. § 50 d Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG entspricht dabei der Vorgängerregelung. Das gilt auch für die in § 50 d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG enthaltene Negativvoraussetzung, ob für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Weitgehend neu sind demgegenüber die im Anschluss daran formulierten Negativvoraussetzungen in § 50 d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG, wobei es zur Versagung der Kapitalertragsteuerreduktion ausreicht, wenn eine der in § 50 d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1–3 EStG genannten Voraussetzungen erfüllt ist ("oder-Verknüpfung"). Das war zu § 50 d Abs. 3 EStG a.F. zumindest von der Rechtsprechung anders gesehen worden. Auch die sich anschließenden Sätze 2 bis 4 verfügen über kein Pendant in der bisherigen Regelung. Der "neue" § 50 d Abs. 3 EStG war nach der allgemeinen Anwendungsregelung in § 52 Abs. 1 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Die Fassung des § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. JStG 2007 ist nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Deister Holding unionsrechtswidrig (vgl. ausf. Vor § 50d Abs. 3 EStG Rz. 98). Nach dem BMF-Schreiben v. 4.4.2018 ist § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 "in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, nicht mehr anzuwenden." Zur Kritik s. Vor § 50d Abs. 3 EStG Rz. 99.1. Im Übrigen ist seit der Neufassung ...