..., ist für die Bestimmung des Fremdvergleichspreises ein hypothetischer Fremdvergleich [...] durchzuführen.

 

Rz. 905

[Autor/Stand] Kodifizierung des hypothetischen Fremdvergleichs. Der hypothetische Fremdvergleich ist gesetzlich in § 1 Abs. 3 Satz 7 und Abs. 3a Sätze 5 und 6 geregelt. Er kommt nachrangig dann zum Tragen, wenn mittels eines tatsächlichen Fremdvergleichs keine Vergleichswerte festgestellt werden können (Rz. 856 ff.). In diesem Fall ist "für die Bestimmung des Fremdvergleichspreises ein hypothetischer Fremdvergleich [...] durchzuführen."[2] Die Durchführung des hypothetischen Fremdvergleichs nach § 1 Abs. 3 Satz 7 bezieht und beschränkt sich auf die Bestimmung des Grenzpreises des Leistungsempfängers, d.h. der Preisobergrenze bzw. des Höchstpreises des Leistungsempfängers, und des Grenzpreises des Leistungserbringers, d.h. der Preisuntergrenze bzw. des Mindestpreises des Leistungserbringers (vgl. Rz. 901)

[Autor/Stand] Autor: Liebchen, Stand: 01.05.2024

b) Verweis auf den doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter und die Transparenzfiktion

... unter Beachtung des Absatzes 1 Satz 3 ...

 

Rz. 906

[Autor/Stand] Doppelter ordentlicher Geschäftsleiter. Für die Durchführung des hypothetischen Fremdvergleichs sind die Konkretisierungen des § 1 Abs. 1 Satz 3 zu beachten, die der Gesetzgeber für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes vorgibt. Zum einen soll davon auszugehen sein, "dass die voneinander unabhängigen Dritten alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung kennen", zum anderen davon, dass sie "nach den Grundsätzen ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter handeln". Die Ausrichtung an der Referenzfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in seiner verdoppelten Ausprägung steht im Einklang mit der Rspr. des BFH zur vGA und erweist sich als unabdingbar für die Simulation von Preisbildungsprozessen. Im Einzelnen wir auf Rz. 227 ff. verwiesen.

Demgegenüber ist die Fiktion vollständiger Transparenz zwischen den beteiligten Transaktionspartnern national wie international eine Novität und eben nicht mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar, da miteinander kontrahierende fremde Dritte eben nicht die volle Transparenz über die Entscheidungssituation ihres Gegenübers haben.

 

Rz. 907

[Autor/Stand] Transparenzfiktion. Die Fiktion der vollständigen Information und Markttransparenz legt der Verrechnungspreisermittlung volkswirtschaftliche Modellannahmen zugrunde, die die vereinfachte Abbildung und Erklärung komplexer Marktmechanismen bezwecken, ohne dass sie mit der Realität irgendetwas gemein hätten.[3] Zwischen unabhängigen Dritten jedenfalls herrschen regelmäßig unvollkommene Informationen vor. Nur unter dieser asymmetrischen Informationsverteilung lassen sich empirisch beobachtbare betriebswirtschaftliche Entscheidungen – und damit auch Preisentscheidungen – überhaupt erklären[4]. Anderenfalls gäbe es auch nur einen Preis, nämlich den sog. "Gleichgewichtspreis"[5].

Ausweislich der Gesetzesbegründung zielt die Annahme vollständiger Information auf die "Vermeidung willkürlicher Ergebnisse im Verhältnis der nahestehenden Personen"[6], um sicherzustellen "dass nicht jeder beliebige Fremdvergleich, der auch unter irregulären Umständen (z.B. wegen mangelhafter Information oder Qualifikation) zustande gekommen sein kann, zu berücksichtigen ist." Sie soll "insbesondere für den hypothetischen Fremdvergleich wichtig" sein. Einerseits impliziert die Verwendung "insbesondere", dass die Transparenzklausel auch auf den tatsächlichen Fremdvergleich zur Anwendung kommen könnte, womit der international anerkannte Grundsatz des Fremdvergleichs verlassen wird.[7] Andererseits verkennt der Gesetzgeber die Zielsetzung des § 1, mittels des Fremdvergleichsgrundsatzes den fehlenden Interessengegensatz aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit der Transaktionspartner zu überwinden,[8] und konterkariert diese, indem er Informationen fordert, die nur unter Nutzung der gesellschaftsrechtlichen Stellung der Muttergesellschaft zu erlangen sind.[9] Dem Vernehmen nach geht die Finanzverwaltung im Hinblick auf die Anwendung der Transparenzklausel zudem von einer Beschränkung auf bestimmte Verrechnungspreismethoden aus, wobei vollständige Markttransparenz lediglich bei Anwendung einer zweiseitigen Verrechnungspreismethode (geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode, Rz. 841 ff.) zu unterstellen sein soll, nicht hingegen bei Anwendung einer einseitigen Verrechnungspreismethode (Standardmethoden, Rz. 731 ff., und die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode, Rz. 808 ff.). Ferner ist die ertragswertorientierte Bewertung, so wie sie in § 1 Abs. 3 Sätze 7 und Abs. 3a Sätze 5 und 6 geregelt ist, zweiseitig, weil sie aus der Perspektive des Leistenden (Rz. 913 ff.) wie auch aus derjenigen des Leistungsempfängers (Rz. 916 ff.) vorzunehmen ist.

 

Rz. 908

[Autor/Stand] Transparenzfiktion und Fremdvergleichsgrundsatz. Die Finanzverwaltung geht offenkundig von einer Vereinbarkeit der Transparenzfiktion mit dem internationalen Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 9 OECD-MA und...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge