Rz. 392

[Autor/Stand] Überblick. Das Erfordernis eines wesentlichen Zusammenhangs führt dazu, dass eine missbräuchliche Zwischenschaltung spezifisch mit Blick auf die konkrete Einkunftsquelle ("einkunftsquellenbezogen") erfolgt (zum Telos vgl. Rz. 394). Der Zusammenhang fordert eine wirtschaftlich-funktionale Veranlassungsprüfung (vgl. Rz. 405 f.). Im Rahmen einer historisch-systematischen Auslegung kann auf verschiedene bereits bestehende Zusammenhangerfordernisse zurückgegriffen werden (vgl. Rz. 395 ff.). Konzeptionell dürfte das Erfordernis eines wesentlichen Zusammenhangs auch grundsätzlich unionsrechtskonform sein (vgl. Rz. 398), jedoch wird man aus unionsrechtlichen Gründen einen missbrauchsausschließenden "wesentlichen" Zusammenhang bereits dann annehmen müssen, wenn wirtschaftliche Gründe für das Halten der Einkunftsquelle sprechen (vgl. Rz. 407). Sachgerecht ist für die praktische Anwendung insoweit ein Rückgriff auf die Grundsätze betrieblicher Veranlassung (vgl. Rz. 410 ff.). Ausreichend ist auch ein Entstehungszusammenhang (vgl. Rz. 418). Nicht erforderlich ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Wirtschaftstätigkeit und Einkünfteerzielung (vgl. Rz. 419 ff.). Zur Systematik der Nr. 2 s. Rz. 238 ff.

 

Rz. 393

[Autor/Stand] Vergleich mit § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG. In der Altfassung des § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG war die Voraussetzung des wesentlichen Zusammenhangs nicht enthalten. Nach Ansicht der FinVerw konnten aber bei der Zuordnung von Bruttoerträgen zu einer eigenen Wirtschaftstätigkeit (sog. Aufteilungsklausel) auch solche Bruttoerträge berücksichtigt werden, die in einem wirtschaftlich funktionalen Zusammenhang mit der eigenen Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft standen.[3] Dies schloss es ein, dass auch die Zinserträge aus der verzinslichen Anlage entlastungsberechtigter Gewinne zu diesen Bruttoerträgen aus eigener Wirtschaftstätigkeit zählten.[4] Zudem war es nach der sog. Aufteilungsklausel (vgl. Rz. 239) der Altfassung (alternativ zum Substanztest) erforderlich, dass hinsichtlich der nicht aus der eigenen Wirtschaftstätigkeit stammenden ("schädlichen") Bruttoerträge wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft bestanden (§ 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG). Das Erfordernis eines funktionalen Zusammenhangs ist daher jedenfalls aus Sicht der FinVerw nicht gänzlich neu. Auch die Folgen des Fehlens eines solchen Zusammenhangs sind im Grundsatz in der Neufassung ähnlich: Nach der Altfassung mussten für die nicht in wirtschaftlich funktionalem Zusammenhang stehenden Bruttoerträge wirtschaftliche Gründe nach § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG nachgewiesen und der Substanztest nach § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG erfüllt werden. Nach der Neufassung muss bei Fehlen eines wesentlichen Zusammenhangs ein Gegenbeweis nach § 50d Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 EStG geführt werden, wobei die in § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG aufgestellten Voraussetzungen (wirtschaftliche Gründe und Substanz) regelmäßig auch eine Bedeutung spielen werden.

 

Rz. 394

[Autor/Stand] Telos. Mit dem Erfordernis eines wesentlichen Zusammenhangs zwischen der Einkunftsquelle und der Wirtschaftstätigkeit verfolgt das Gesetz den Zweck, die Prüfung eines Missbrauchs durch Einschaltung der Körperschaft auf die konkret abzugsteuerpflichtigen Einkünfte zu beziehen. Der Entlastungsanspruch soll (nur) dann versagt werden, wenn die Körperschaft in Bezug auf die konkret abzugsteuerpflichtigen Einkünfte missbräuchlich zwischengeschaltet wurde. Es kommt mithin nicht mehr entscheidend auf die Körperschaft als Ganze und deren Gründung an, sondern auf das Zwischenschalten der Körperschaft in die Erzielung der abzugsteuerpflichtigen Einkünfte. Damit wird die Missbrauchsprüfung des § 50d Abs. 3 EStG sachgerecht und zielgenau ausgestaltet: Die Versagung eines Entlastungsanspruchs kann gegenüber der Körperschaft vernünftigerweise nur dann mit dem Vorwurf ihrer missbräuchlichen Zwischenschaltung gerechtfertigt werden, wenn die Zwischenschaltung in Bezug auf die konkret abzugsteuerpflichtigen Einkünfte, für die gerade eine Entlastung geltend gemacht wird, missbräuchlich ist. Man kann dies – ähnlich wie bei § 8 Abs. 2 AStG – als „segmentierende Betrachtungsweise” bezeichnen, bei der der Missbrauch spezifisch mit Blick auf die konkret abzugsteuerpflichtigen Einkünfte geprüft wird. Diese Differenzierung ist insbesondere bei gemischten Tätigkeiten von Relevanz, bei denen die Körperschaft zum Teil eine Wirtschaftstätigkeit, zum Teil aber auch eine rein passive Vermögensverwaltung oder aber zwei voneinander unabhängige aktive Wirtschaftstätigkeiten betreibt (vgl. dazu Rz. 424 ff. mit Beispielen). In diesem Fall darf der Entlastungsanspruch nur dann versagt werden, wenn die entsprechende Einkunftsquelle keinen Zusammenhang mit irgendeiner Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft oder nur einen Zusammenhang mit der der passiven Ve...

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