aa) Definition der Finanzierungsfunktion innerhalb eines Unternehmens (Abs. 1)

(1) 1 Eine Finanzierungsfunktion innerhalb eines Unternehmens umfasst die Liquiditätssteuerung durch eine Betriebsstätte (Finanzierungsbetriebsstätte) für eine oder mehrere andere Betriebsstätten desselben Unternehmens. 2 Zur Liquiditätssteuerung gehören insbesondere die Mittelbeschaffung, die Mittelzuweisung und die externe Anlage von Liquiditätsüberhängen.

 

Rz. 3351

[Autor/Stand] Anwendungsbereich. § 17 BsGaV enthält Sonderregelungen zu Finanzierungsbetriebsstätten, die den Zuordnungsregelungen der §§ 416 BsGaV vorgehen.[2] Eine Sonderregelung ist erforderlich, weil die Nutzung finanzieller Mittel des übrigen Unternehmens durch eine Betriebsstätte nach § 1 Abs. 5 keine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung darstellt (vgl. § 16 Abs. 3 BsGaV, Anm. 3329). Dies gilt allerdings nach § 16 Abs. 3 Satz 2 BsGaV nicht, wenn § 17 BsGaV anzuwenden ist (Anm. 3330).

 

Rz. 3352

[Autor/Stand] Finanzierungsbetriebsstätte. § 17 Abs. 1 Satz 1 BsGaV definiert die Begriffe "Finanzierungsbetriebsstätte" und "Finanzierungsfunktion innerhalb eines Unternehmens". Nach § 17 Abs. 1 BsGaV liegt eine Finanzierungsbetriebsstätte vor, wenn eine Betriebsstätte die Finanzierungsfunktion für eine oder mehrere Betriebsstätten desselben Unternehmens übernimmt. Die Ausübung einer Finanzierungsfunktion umfasst die Liquiditätssteuerung durch die Finanzierungsbetriebsstätte. Eine Finanzierungsbetriebsstätte übernimmt nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BsGaV die Liquiditätssteuerung, wenn sie für das übrige Unternehmen Liquiditätsüberhänge, d.h. Mittel, die für die laufende Geschäftstätigkeit der anderen Betriebsstätte aktuell nicht benötigt werden,[4] verwaltet oder Aufgaben im Bereich der Mittelbeschaffung und Mittelzuweisung übernimmt.[5] Dies gilt auch dann, wenn die Finanzierungsbetriebsstätte die Liquiditätssteuerung auch für andere Unternehmen der Unternehmensgruppe (z.B. Tochtergesellschaft, Schwestergesellschaften, Muttergesellschaften) übernimmt. Die Aufzählung in § 17 Abs. 1 Satz 2 BsGaV ist nicht abschließend ("insbesondere").

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[2] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 90.
[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[4] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.1, Rz. 178, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[5] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.1, Rz. 178, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.

bb) Finanzierungsfunktion als Dienstleistung (Abs. 2)

(2) 1 Die Ausübung einer Finanzierungsfunktion innerhalb eines Unternehmens ist eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, die im Regelfall als Dienstleistung anzusehen ist und nicht als Zurverfügungstellung eigener finanzieller Mittel der Finanzierungsbetriebsstätte. 2 Für eine solche Dienstleistung ist der nach § 16 Absatz 2 Satz 1 anzusetzende Verrechnungspreis nach einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. 3 Finanzierungsaufwendungen und Finanzierungserträge des Unternehmens, die durch die Tätigkeiten der Finanzierungsbetriebsstätte verursacht werden, beeinflussen die Kostenbasis der Finanzierungsbetriebsstätte nicht.

 

Rz. 3353

[Autor/Stand] Fiktive Dienstleistungsbeziehung. Übt eine Finanzierungsbetriebsstätte eine Finanzierungsfunktion innerhalb des Unternehmens i.S.d. § 17 Abs. 1 BsGaV aus, wird nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BsGaV widerlegbar vermutet, dass diese Betriebsstätte lediglich eine Dienstleistung an das übrige Unternehmen erbringt. Infolgedessen liegt eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung in Gestalt der Dienstleistungserbringung durch die Finanzierungsbetriebsstätte vor. Mithin führt die Überlassung eigener finanzieller Mittel der Finanzierungsbetriebsstätte nicht zur Annahme einer fiktiven Darlehensbeziehung zwischen der Finanzierungsbetriebsstätte und einer anderen Betriebsstätte desselben Unternehmens. Eine Ausnahme davon kann sich aber unter Anwendung der Öffnungsklausel gem. § 17 Abs. 7 BsGaV ergeben.[2]

 

Beispiel

Die M-GmbH hat in den Niederlanden eine Finanzierungsbetriebsstätte. Eigenes Personal der Finanzierungsbetriebsstätte organisiert die Kreditaufnahme für den Erwerb von Vermögenswerten im übrigen Unternehmen der M-GmbH.

 

Lösung

Die niederländische Finanzierungsbetriebsstätte übt die Geschäftstätigkeit einer Finanzierungsbetriebsstätte aus (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BsGaV). Infolgedessen sind die weitergereichten Darlehen der niederländischen Finanzierungsbetriebsstätte nicht als Vermögenswerte (Forderungen) nach §§ 7 oder 8 BsGaV zuzuordnen. Die aufgenommenen Kredite sind nicht als übrige Passivposten nach § 14 BsGaV zuzuordnen. Für die Übernahme der Finanzierungsfunktion steht der niederländischen Finanzierungsbetriebsstätte eine Vergütung gem. § 17 Abs. 2 BsGaV zu.

 

Rz. 3354

[Autor/Stand] Kostenorientierte Vergütung. § 17 Abs. 2 Satz 2 BsGaV unterstellt, dass die Ausübung der Finanzierungsfunktion in der Regel risikoarm ist.[4] Infolgedessen ist die angemessene V...

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