I. Vermutungsregel (Satz 1)
"Sind wesentliche immaterielle Werte oder Vorteile Gegenstand einer Geschäftsbeziehung ..."
Rz. 19
§ 1a betrifft Güter immaterieller Art. Die Werte oder Vorteile, die Gegenstand der Geschäftsbeziehung sind, auf die § 1a Anwendung findet, müssen zunächst immaterieller Art sein. Zur Abgrenzung des immateriellen Vermögens vom materiellen Vermögen kann dabei eine Auslegung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch angestellt werden, bei der materiell mit "körperlich" und immateriell mit "unkörperlich" gleichgesetzt wird."Immateriell" sind demnach alle unkörperlichen, d.h. nicht aus Materie bestehenden Werte. Bei Gütern, die aus materiellen und immateriellen Elementen bestehen, ist wie folgt zu unterscheiden: Während Ausgaben für einen immateriellen Wert dann als Anschaffungsnebenkosten oder Herstellungskosten eines materiellen Anlagewerts behandelt werden, wenn sie in einem direkten Zusammenhang zur Sachanlage stehen, werden körperliche Gegenstände, die gegenüber dem immateriellen Wert eine untergeordnete Bedeutung aufweisen, dem immateriellen Gegenstand zugerechnet. Zur Einordnung von Wirtschaftsgütern, die sowohl materielle als auch immaterielle Komponenten aufweisen, ist vornehmlich das wirtschaftliche Interesse entscheidend, d.h. die Wertrelation beider Komponenten und die Fokussierung des Erwerbs auf den materiellen oder immateriellen Gehalt. Immateriell sind etwa dingliche Rechte (z.B. das Erbbaurecht, Nießbrauch) und quasi-dingliche Rechte (z.B. Urheberrecht, Patentrecht, eingetragenes Design, Marken, Konzessionen, Lizenzrechte, Verlagsrechte). Immateriell sind des Weiteren schuldrechtlich gesicherte Positionen (z.B. Miete, Belieferungsrechte, Wettbewerbsverbot). Schließlich gibt es rein wirtschaftliche immaterielle Güter, die nicht durch ein absolutes Recht oder ein bestehendes Rechtsverhältnis abgesichert sind (z.B. Know-How, Rezepte, Kundenkarteien, Geschäftsbeziehungen, sowie Technologie, insb. Software).
Rz. 20
§ 1a bezieht sich nicht mehr auf immaterielle Wirtschaftsgüter. § 1a Satz 1 setzt voraus, dass wesentliche immaterielle Werte oder Vorteile Gegenstand einer Geschäftsbeziehung sind. Auffällig ist dabei, dass die Neuregelung begrifflich auf immaterielle Werte abstellt, während in der bisherigen Regelung auf immaterielle Wirtschaftsgüter Bezug genommen wurde (§ 1 Abs. 3 Satz 11 AStG a.F.). Der Begriff des immateriellen Wirtschaftsguts war dabei nach allgemeinen und tradierten bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen. Demnach sind immaterielle Wirtschaftsgüter alle unkörperlichen Vermögenswerte, die einen greifbaren Vorteil besitzen, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind, die in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und die zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können. Als Beispiele können etwa Urheberrechte, Software oder eine Kundenkartei genannt werden.
Rz. 21
§ 1a bezieht sich auf immaterielle Werte. In der neuen Fassung ist in § 1a Satz 1 indes nicht mehr von immateriellen Wirtschaftsgütern, sondern von immateriellen Werten die Rede. Dieser Begriff ist seit Umsetzung des AbzStEntModG in § 1 Abs. 3c definiert. Immaterielle Werte sind danach Vermögenswerte, die
- weder materielle Wirtschaftsgüter oder Beteiligungen noch Finanzanlagen sind,
- Gegenstand eines Geschäftsvorfalls sein können, ohne einzeln übertragbar sein zu müssen,
- einer Person eine tatsächliche oder rechtliche Position über diesen Vermögenswert vermitteln können.
Diese Definition ist erkennbar an die Definition der OECD angelehnt, ohne allerdings exakt mit dieser übereinzustimmen. In der Gesetzesbegründung zum AbzStEntModG wird in diesem Zusammenhang großzügig auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien verwiesen. Als Beispiele für immaterielle Werte werden etwa Patente, Know-How und Handelsgeheimnisse, Warenzeichen, Handelsnamen und Marken, vertragliche Rechte sowie Lizenzen genannt. Konzernsynergien sowie Marktbedingungen kommen dagegen explizit nicht als immaterielle Werte in Betracht, da diese nicht selbständig bewertbar und kontrollierbar sind. Sie sollen als Vergleichbarkeitsfaktoren und damit bei der Bewertung zu berücksichtigen sein. Betont wird außerdem, dass für das Vorliegen eines immateriellen Werts nicht die Anforderungen an ein Wirtschaftsgut erfüllt sein müssen. Durch die Absenkung der Schwelle immaterieller Werte unter diejenige des Wirtschaftsguts wird künftig wohl häufiger von einer vergütungspflichtigen Transaktion im Zusammenhang mit immateriellen Werten auszugehen sein, für die dann auch eine Preisanpassungsklausel zur Diskussion steht. Unklar ist einstweilen, welche praktischen Folgen damit konkret einhergehen. Aufgrund der Abkehr vom Kriterium der Einzelübertragbarkeit ist davon auszugehen, dass auch Bestandteile des Firmenwerts erfasst sind, der i.d.R. nur im Rahmen einer Gesamtbewertung erfasst wird. Dies könnte letztlic...