Rz. 616

[Autor/Stand] Delegationsfähigkeit als Abgrenzungskriterium. Wie im Folgenden noch näher gezeigt werden wird, lassen sich betriebliche Funktionen qualitativ in Haupt- und Hilfsfunktionen untergliedern. Hauptfunktionen sind solche betrieblichen Tätigkeiten und Aufgaben, die für den Wertschöpfungsprozess erfolgsmäßig den (relativ) wichtigsten Anteil beisteuern. Sie kennzeichnen sich nach Ansicht der Finanzverwaltung insbesondere durch ihre Einbindung bestimmter, vornehmlich immaterieller Wirtschaftsgüter (Rz. 2601 ff.) und ihre "Quasi-Unersetzlichkeit". Hilfsfunktionen sind demgegenüber durch ihren "Routine-Charakter" geprägt. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass sie jederzeit an andere Leistungserbringer am Markt delegiert werden könnten; sie sind "outsourcingfähig". Ferner sind sie in der Regel nur in geringem Umfang durch den Einsatz von immateriellen Wirtschaftsgütern geprägt.[2]

 

Rz. 617

[Autor/Stand] Abgrenzung auf Basis von funktionsspezifischen Margen. Bei der Abgrenzung zwischen Haupt- und Hilfscharakter sind zunächst die Erkenntnisse, sog. "Balanced-Scorecard-Systeme" in Erwägung zu ziehen, die darauf aufbauen, welche Ergebniskennzahlen als Schlüsselindikatoren aus einer bestimmten Funktionsausübung resultieren.[4] Hilfsfunktionen, d.h. solche Funktionen, die qualitativ nicht als entscheidend für die Erreichung unternehmensstrategischer Ziele gelten, können demnach im Grundsatz lediglich fix (bspw. unter gedanklicher Anwendung der Kostenaufschlagsmethode) vergütet werden. In der Praxis kann sich ein derartiger Ansatz allerdings als problematisch erweisen, da den jeweiligen Funktionen bestimmte operative Margen zugeordnet werden müssen, welche die Bedeutung der Funktionen im Gesamtwertschöpfungsprozess eines Unternehmens angemessen reflektieren. Da die in Datenbanken erhältlichen Informationen über die Profitabilität unabhängiger Unternehmen regelmäßig keine Untergliederung in einzelne Tätigkeitssegmente der Vergleichsunternehmen beinhalten, ist es praktisch kaum möglich, den ausgeübten Funktionen (einschließlich der übernommenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgüter) eine individuelle "Marge" zuzuordnen. Im Übrigen würde ein derartiger Ansatz auf eine retrograde Funktionswertbestimmung hinauslaufen, da auf Basis der erwirtschafteten Marge die ökonomische Bedeutung der Funktion im Gesamtwertschöpfungsprozess bestimmt werden müsste; dies erscheint problematisch und im Ergebnis nicht zutreffend.

 

Rz. 618

[Autor/Stand] Praktischer Analyseansatz. Es empfiehlt sich daher, auf Basis einer quantitativen und qualitativen Analyse den "Wert" einer Funktion im Gesamtwertschöpfungsgefüge zu ermitteln. In diesem Zusammenhang sind folgende grundlegenden Untersuchungsschritte vorzunehmen:

  • Erfassung der einzelnen, in der Funktion angesiedelten Unternehmenstätigkeiten und Allokation dieser auf die involvierten Unternehmenseinheiten;
  • Ermittlung der Kosten, die durch die Funktionsausübung entstehen (auf Basis der unternehmensinternen Kostenrechnung);
  • Ermittlung der eingesetzten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter zur Funktionsausübung;
  • Ermittlung des im Rahmen der Funktionsausübung erforderlichen Personals (z.B. als Know-how-Träger).

Hierbei kann gewissermaßen "top down" vorgegangen werden, indem von einer Gesamtfunktionsanalyse auf die Analyse der jeweiligen Einzelfunktionen geschlossen und diese näher untersucht und erläutert werden.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, welche gesetzlichen Rechte und Pflichten für die einzelnen Beteiligten bei ihrer jeweiligen Funktionsausübung bestehen.[6] Dieser Gesichtspunkt ist auch für die Risikoanalyse von signifikanter Bedeutung, insbesondere bei der Frage nach der Risikokontrolle, denn hier bestehen bspw. aus Sicht der Konzernmuttergesellschaft in der Regel gesellschaftsrechtliche Risikoüberwachungs- und Risikokontrollpflichten, die für die Frage der Risikoallokation in einem sehr dezidierten Licht betrachtet werden müssen (siehe Rz. 637 ff.).

Darüber hinaus sind bei der Analyse der tatsächlichen Beiträge, Fähigkeiten und sonstigen Eigenschaften der Beteiligten die ihnen "realistischer Weise zur Verfügung stehenden" Handlungsoptionen zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass bei der Identifizierung der wirtschaftlich relevanten Merkmale der kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen auch zu untersuchen ist, welche Handlungsoptionen bei der Funktionsausübung bestanden haben und ob unabhängige Dritte ähnliche Fähigkeiten in potenziell vergleichbaren Vereinbarungen berücksichtigt hätten.[7] Diesbezüglich können sich Auswirkungen auf die Frage des Risikomanagements ergeben, bspw. wenn ein Beteiligter durch das konzerninterne Poolen von Risikopositionen Effizienzgewinne erzielen kann, zumal derartige Fallkonstellationen nicht zwangsläufig zwischen fremden Dritten vorhanden sein müssen.

 

Rz. 619

[Autor/Stand] Indizwirkung der Analyse. Die Resultate der einzelnen Analysefelder vermitteln in der Gesamtschau ein Bild darüber, welche Stellung und welche wertschöpfun...

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